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Der Tod von George Floyd facht eine neue Diskussion um Rassismus an. Afroamerikaner werden auch am Arbeitsplatz benachteiligt. Etwa wegen ihrer Haare.
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Diskriminierung, das wissen Diskriminierte nur zu gut, wird heutzutage selten offen gelebt. Dafür finden sich Schleichwege, um den erwünschten Effekt herzustellen.
In den USA ist es etwa zumeist theoretisch verboten, sollte man ein kommerzielles Unternehmen mit mehr als fünf Mitarbeitern betreiben, jemanden aufgrund seiner Ethnie zu diskriminieren.
Dafür hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine neue Praktik in den USA eingeschlichen: und zwar die - legale - Diskriminierung aufgrund der Haartracht. Falls jemand - und es handelt sich dabei selten um blonde Menschen - eine Haartracht hat, die angeblich Kunden verschrecken könnte, dann gilt es als vollkommen rechtens, so eine Person nicht anzustellen, zu kündigen oder heimzuschicken. Dasselbe gilt auch für Schulkinder.
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Erst 2016 hat ein Bundesgericht noch einmal klargestellt, dass Arbeitgeber ihre Angestellten feuern können, wenn sie Frisuren tragen, die vor allem unter Afroamerikanern zu finden sind.
Kalifornien hat sich als erster Bundesstaat in die Neuzeit begeben. Vergangenes Jahr hat er ein Gesetz durchgebracht, das Diskriminierungen aufgrund einiger Frisuren verbietet. Die Bankfiliale kann zwar nach wie vor Personen nicht anstellen, die einen pinken Irokesenschnitt tragen, aber sie darf einer Person, die einen Afro trägt, eine Anstellung nicht mit dem Hinweis auf die Haare verwehren. Es wurde nämlich verboten, Frisuren, die mit der ethnischen Identität dicht verwoben sind, zu diskriminieren. Dazu gehören der "natürliche Stil" (also der sogenannte Afro), Dreadlocks, und Zöpfe.
Professionalität bedeutet: europäische Züge
"Die Geschichte unserer Nation ist voll mit Gesetzen und gesellschaftlichen Normen, die das ‚Schwarz-Sein‘ mit den dazugehörigen physischen Zügen, wie etwa dunkler Haut, krauses oder lockiges Haar mit Inferiorität gleichsetzen", steht am Anfang des kalifornischen Gesetzes. Und weiter: "Diese Idee durchdringt auch die gesellschaftliche Vorstellung von Professionalität. Professionalität war und wird immer noch mit europäischen Zügen und Manierismen verbunden. Das bedeutet, dass jene, die nicht unter die eurozentrischen Normen fallen, ihr Aussehen, manchmal sogar drastisch, verändern müssen, um als professionell eingestuft zu werden", heißt es in der Erklärung des Gesetzes.
Viele Menschen mit afroamerikanischen Genen haben krauses Haar: Und unzählige Friseure in den USA zeugen von dem sozialen Druck, dieses Haar, speziell bei Frauen, kaukasischen Idealen zu unterwerfen. Entweder werden die Haare chemisch geglättet. Oder es wird in Perücken oder Haarteile investiert. Ein Prozess, der unter anderem zeit- und kostenintensiv ist. Die Qualität der Haarteile lässt übrigens dann auch wieder einen Rückschluss auf den ökonomischen Stand der Person zu. Einem potenziellen weiteren Stigma wird damit die Tür geöffnet.
Nur vier von 50 Bundesstaaten
Von 50 Bundesstaaten haben derzeit nur vier eine Gesetzgebung verabschiedet, die die Diskriminierung aufgrund von Frisuren verbietet - und zwar nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch bei der Wohnungsvergabe und in öffentlichen Schulen. In einigen anderen Bundesstaaten stand dieses Gesetz zuletzt zur Debatte. Und diese bekommt wohl nun eine neue Dynamik.
Der Mord an George Floyd vor zwei Wochen hat eine neue Diskussion in den USA angefacht. Floyd wurde von einem weißen Polizisten getötet. Seine Beerdigung fand diese Woche am Dienstag statt. Viele Amerikaner scheinen nun genauer hinzusehen, wo sich überall Rassismus versteckt hat. Darauf reagieren auch die Unternehmen. Einer der Gründer der Webseite Reddit hat etwa den Verwaltungsrat verlassen, damit ein Schwarzer ihm nachrückt.
Keine Gesichtserkennungstechnologie mehr bei IBM
Der Eigentümer der Fitness-Kette Crossfit hat dagegen nach einem rassistischen Tweet vergangenes Wochenende Prominente, Fitnesscenter und viele weitere Kunden verloren.
Der US-Computerkonzern IBM kündigte nun seinen Rückzug aus dem Geschäft mit Gesichtserkennungs- und Analysesoftware an. "IBM lehnt die Verwendung jeglicher Gesichtserkennungstechnologie - einschließlich der von anderen Anbietern - zum Zweck der Massenüberwachung, von rassistischer Profilierung, Verletzungen grundlegender Menschenrechte und Freiheiten entschieden ab und wird dies auch nicht dulden", teilte der neue Unternehmenschef Arvind Krishna in einem Brief an den US-Kongress mit.