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Daumen dreht sich nach unten für Österreich als Wirtschaftsstandort.
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Wien. An der Lebensqualität liegt es nicht, auch nicht an der Infrastruktur - diese Standortfaktoren wurden bei der jüngsten Befragung der Mitglieder der US-Handelskammer (American Chamber of Commerce, kurz AmCham) in Österreich weiterhin als sehr zufriedenstellend bewertet.
Halbjährlich führt AmCham Austria seit März 2011 unter einem Teil seiner rund 350 Mitglieder eine Befragung zum Geschäftsklima im Land durch. Das ist auch in der ersten Erhebung im Jahr 2012 durchaus noch positiv eingeschätzt worden, einige Indikatoren deuten jedoch darauf hin, dass das nicht unbedingt so bleiben wird.
Der Standortattraktivität Österreichs verliehen die Entscheidungsträger in Unternehmen mit einem US-Mutterkonzern nur mehr vier Punkte. Im Herbst 2011 waren es noch sieben Punkte und sechs Monate davor gar 21 Punkte.
Was die Situation längerfristig verschlimmern könnte, sind die fehlenden Investitionen. Während die Top-Manager nämlich das wirtschaftliche Umfeld in Österreich als gut einschätzen, ist die Zahl derer, die auch im Land Investitionen tätigen wollen, gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen. AmCham hielt jedoch fest, dass in der zusammen mit PriceWaterhouseCoopers durchgeführten Studie "immerhin aber noch 20 Prozent der Befragten angaben, heuer mehr zu investieren als 2011". Laut Felix Thun-Hohenstein, Österreich-Chef von 3M und Präsident der AmCham Austria, hätten sich die Mitglieder weniger staatliche Kontrolle gewünscht und damit weniger bürokratischen Aufwand.
Störfaktor Sparpaket
Als besonders störend empfinden die Unternehmen die hohe Steuerlast und die Lohnnebenkosten. Außerdem befürchten knapp die Hälfte der Firmen negative Auswirkungen des Sparpakets auf die Standortattraktivität Österreichs.
"Gerade diese Punkte haben eine hohe Bedeutung für US-Unternehmen in Österreich. Die negativen Bewertungen der Befragten sprechen eine klare Sprache", so Thun-Hohenstein.
Allerdings liegt der Anteil jener Manager, die keine Auswirkungen erwarten, auch bei mehr als 40 Prozent. Für die Unternehmen selbst werde das Sparpaket gar keine Folgen haben, sind sich die Befragten einig.
Genauso wie die AmCham-Mitglieder sehen auch von der Beraterfirma Ernst & Young befragte Unternehmen in Österreich derzeit einen wirtschaftlichen Aufschwung. "Das Vertrauensbarometer zeigt bei österreichischen Unternehmern stark nach oben. Nach der Zurückhaltung im letzten Jahr haben unsere Manager wieder an Selbstbewusstsein gewonnen und freuen sich großteils über eine positive Geschäftslage", so Helmut Maukner, Country Managing Partner von Ernst & Young Österreich.
Das wirtschaftliche Potenzial des Landes werde auch besser eingeschätzt als jenes der globalen Konjunktur, und es werde auch nur "vielleicht" durch eine Ausweitung der Staatsschuldenkrise in Europa geschwächt, ist sich die Hälfte der 200 per Telefon interviewten Teilnehmer einig. Der Anteil derjenigen, die glauben, dass es "sicher" negative Auswirkungen geben wird, lag in der jüngsten Ernst&Young-Umfrage bei 14 Prozent, während es im November noch fast doppelt so viele waren.
Die größte Sorge der Unternehmen sind die steigenden Energiepreise, die 92 Prozent der Befragten Kopfzerbrechen bereiten. Im November lag der Anteil nur bei 78 Prozent. Danach folgen die Staatsverschuldung und die demografische Alterung. An fünfter Stelle steht der Fachkräftemangel, vor der Inflation und erst danach ein "mögliches Auseinanderbrechen der Eurozone".
Anlass zu Hoffnung gibt den Unternehmen der wirtschaftliche Aufschwung in Österreich und die technologischen Innovationen. Das größte Aufschwung-Potenzial sehen die Firmen im Dienstleistungssektor, der sich auch langfristig am stabilsten erweisen werde. Ähnlich ausgewogenes Potenzial sehen die Befragten für die Industrie.
Im Handel hingegen wurde das kurz- und langfristige Potenzial sehr unterschiedlich bewertet: Nur 17 Prozent erwarten hier kurzfristig den stärksten Aufschwung, immerhin 30 Prozent aber langfristig die stabilste Entwicklung, so Ernst & Young in einer Aussendung.