Einen Moment lang hat es so ausgesehen, als wären die Finanzlandesräte der österreichischen Bundesländer die Einzigen, denen die Wirtschaftskrise nichts anhaben kann: Laut einer Statistik des Finanzministeriums überweist der Bund im Rahmen des Finanzausgleichs für die ersten beiden Monate des heurigen Jahres 4,04 Milliarden Euro an Länder und Gemeinden - um 723,5 Millionen Euro oder 21,8 Prozent mehr als im selben Zeitraum 2008. | Gleichzeitig bleiben dem Finanzminister selbst nur 4,71 Milliarden Euro, was im Jahresvergleich einem Minus von 15,5 Prozent entspricht. Diese Diskrepanz scheint umso bemerkenswerter, da mit Jahresbeginn 2008 das System des Finanzausgleichs, das festlegt, wie der Bund die Steuereinnahmen auf die Gebietskörperschaften verteilt, reformiert worden ist.
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Ziel war es, fixe Transferzahlungen weitgehend durch festgelegte Anteile am Steuerkuchen zu ersetzen. Die absoluten Beträge wären dann von der Höhe der Gesamteinnahmen abhängig: Legen in Boom-Jahren die Steuereinnahmen zu, erhalten auch Länder und Gemeinden mehr Geld aus ihren Ertragsanteilen, brechen in Krisenzeiten die Steuereinnahmen ein, teilen die Gebietskörperschaften das Leid des Bundes.
Letzteres ist bereits jetzt der Fall, auch wenn es auf den ersten Blick nicht diesen Anschein hat. Beim Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo verweist man nämlich auf die stufenweise Umsetzung des neuen Finanzausgleichs.
So ist seit heuer ein neuer Verteilungsschlüssel in Kraft, der den Ländern einen höheren Anteil an den Steuereinnahmen sichert - und zwar 20,5 statt 16,5 Prozent. Diese bereits 2007 paktierte Erhöhung dürfte mit angenommenen Mehrausgaben der Länder - etwa im Bereich der Mindestsicherung und der 24-Stunden-Pflege - zusammenhängen.
Darüber hinaus verweist Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller darauf, dass zwei gewichtige Transfer-Brocken erst seit Jahresbeginn von Fixbeträgen auf das Ertragsanteil-System umgestellt worden sind: die Mittel für die Wohnbauförderung und jene, welche die Länder vom Bund zum Haushaltsausgleich erhalten. Dies führt dazu, dass diese Gelder nun erstmals in der eingangs erwähnten Statistik aufscheinen, dafür fallen sie nicht mehr als Fixtransfers an - laut Finanzministerium "ein Nullsummenspiel".
Diese geänderten Rahmenbedingungen täuschen aber darüber hinweg, dass Länder und Gemeinden genauso unter dem Rückgang der Steuereinnahmen leiden wie der Bund. Die Körperschaftssteuer ist bereits rückläufig, und auch an Einkommen- und Umsatzsteuer wird die Wirtschaftskrise wohl nicht spurlos vorübergehen.
Dazu kommt die Steuerreform, die durch das Ertragsanteil-System auch Ländern und Gemeinden Ausfälle bescheren wird.
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