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Ab 1. September: Alterskontrolle in Sonnenstudios. | Gefahr durch gebrauchte, billige Heimsolarien. | "Verantwortung liegt bei den Eltern." | Wien. "Zuerst werde ich mich kiloweise mit Bräunungscreme eindecken, dann ein Heimsolarium kaufen und - wenn das alles nichts nützt - meinen Ausweis fälschen", stammelt die 16-jährige Krocharin Julia verzweifelt. Ihr künstlich tiefgebräuntes Gesicht wird von wasserstoffblonden Haaren umrahmt, auf denen eine neonfarbene Kappe thront. Sie ist gerade am Weg zum Solarium, dem sie ihren allwöchentlichen Besuch abstatten möchte - und was ihr ab 1. September nicht mehr erlaubt sein wird.
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Hat doch Wirtschafts- und Jugendminister Reinhold Mitterlehner am Dienstag die Verordnung zum Solarien-Verbot für Unter-18-Jährige unterzeichnet. "Um der Branche ausreichend Vorbereitungszeit für die neuen Vorschriften zu verschaffen, hat das Wirtschaftsministerium eine Frist bis 1. September gesetzt", erklärt ein Sprecher der "Wiener Zeitung".
Mit diesem Tag bricht für alle braungebrannten jugendlichen Anbeter der künstlichen Sonne tatsächlich eine neue Ära an. "Gewerbebehörden werden die Einhaltung der Verordnung, die sich auf einen Fünf-Parteien-Entschließungsantrag im Parlament stützt, kontrollieren", so der Sprecher - bei Nichteinhaltung drohen bis zu 2180 Euro Strafe. Nicht nur Solarien-Betreiber, sondern alle Gewerbetreibenden, die Solarien zur Verfügung stellen, sind davon betroffen. Somit müssen künftig auch Hoteliers, Bad- und Fitnessstudio-Betreiber das Alter ihrer Kunden durch einen amtlichen Lichtbildausweis oder die Vergabe etwa von Zutrittcodes kontrollieren. Eine ähnliche Verordnung gibt es bereits in Deutschland, Italien und Frankreich.
Gefälschter Ausweis
Dass so mancher Krocha in Österreich nun seine letzte Rettung in einem gefälschten Ausweis sieht, hält das Wirtschaftsministerium für wenig zielführend. "Wer sich den Zugang durch gefälschte Dokumente erschleicht, macht sich strafbar", meint der Sprecher.
Eine viel größere Gefahr ortet der Wiener Dermatologe Christian Fellenz jedoch in einer anderen - legalen - Alternative. "Viele Jugendliche werden sich nun Heimsolarien kaufen, wobei sie vermutlich zu den günstigeren, gebrauchten Produkten greifen: Gerade diese sind aber noch schädlicher als ein Besuch im Bräunungsstudio", warnt er. Dem Kauf aus zweiter Hand sei im Internet keine Grenze gesetzt - einem neuen Produkt um etwa 20.000 Euro steht ein gebrauchtes um weniger als 2000 Euro gegenüber. Gesichtsbräuner sind sogar schon um rund 200 Euro zu haben.
"Die hochmodernen, teuren Geräte sind nicht mehr so schädlich, weil ihr UV-Spektrum schmäler ist", erklärt der Mediziner. Die älteren Modelle zerstören hingegen um vieles mehr die Zellkraftwerke der Haut, "wodurch das Immunsystem geschwächt ist und Tumore besser wachsen können." Das Fatale an der UV-Strahlung sei, dass sie eine kumulative Wirkung zeige: Je höher die Dosis ist, die man im Laufe seines Lebens bekommt, desto mehr steigt das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken.
Überdies ist die Haut von Jugendlichen laut Fellenz dünner und daher empfänglicher für UVA- und UVB-Strahlen (380 bis 315 respektive 315 bis 280 Nanometer Wellenlänge). In älteren Modellen dringen vor allem die gefährlichen UVA-Strahlen tief in die Haut ein - wodurch die neue Verordnung eine kontraproduktive Wirkung hätte.
Diesem Vorwurf, damit das Hautkrebsrisiko von Jugendlichen zu erhöhen, entgegnet das Wirtschaftsministerium: "Hier liegt die Verantwortung bei den Eltern. Mit der Verordnung werden ja auch die Warnungen der Hautärzte vor jeglicher Solarien-Benützung publik, wodurch für eine stärkere Bewusstseinsbildung gesorgt wird." Zudem brachte eine Studie der EU-Kommission vor kurzem schwere Sicherheitsmängel in Sonnenstudios ans Licht: Demnach strahlt jede siebente Sonnenbank zu starke UV-Strahlen aus.
"Jugendliche dürfen außerdem rein rechtlich gesehen nur Dinge des täglichen Bedarfs ohne die Zustimmung der Eltern kaufen", heißt es von Seiten des Wirtschaftsministeriums. Und Heimsolarien würden nicht dazu gezählt.
Als einzige unschädliche Alternative scheinen Bräunungscremen die Zukunft der Krocha zu sichern. Sie sind laut Dermatologen sogar nützlich, indem sie die natürliche Pigmentierung verstärken und somit als Sonnenschutz dienen.
Verluste noch ungewiss
Nichtsdestotrotz bastelt Andrea Rosner vom Bräunungsstudio "Sunnail" in Wien-Favoriten schon jetzt an einem großen Plakat. "Damit weisen wir die Kunden darauf hin, dass wir in Zukunft ihre Ausweise kontrollieren müssen." Entgegen der Befürchtung zahlreicher Solarien-Betreiber rechnet sie nicht mit massiven Gewinn-Einbußen: Weniger als zehn Prozent ihrer Kunden sind derzeit minderjährig. "Die meisten sind 25 Jahre alt", sagt Rosner - und diese wüssten durch die im Solarium aufliegenden Broschüren über ihr Risiko Bescheid.