Massenkundgebung gegen Sparpaket eskalierte. | Randalierer setzten Bank und Verwaltungsgebäude in Brand. | Weitere Streiks angekündigt. | Athen. Bei den bisher gewalttätigsten Auseinandersetzungen wegen der Sparpläne in Griechenland sind am Mittwoch in Athen drei Menschen ums Leben gekommen. In einer Bankfiliale, die von jugendlichen Demonstranten mit Molotowcocktails in Brand gesetzt wurde, kamen nach Polizeiangaben zwei Frauen und ein Mann zu Tode. Ministerpräsident Giorgos Papandreou sprach von einer "mörderischen Tat".
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Die Gewerkschaft der griechischen Staatsbediensteten hat ungeachtet dessen für kommende Woche weitere Streiks gegen das drakonische Sparprogramm der Regierung angekündigt.
"Allgemeiner Alarmzustand"
Die Feuerwehr benötigte nach Angaben eines Sprechers 15 Minuten, um zum Gebäude der Marfin Bank vorzudringen. Fünf weitere Angestellte konnten vom Balkon des brennenden Gebäudes gerettet werden. Demonstranten setzten Barrikaden sowie mehrere Autos und einen Wagen der Feuerwehr in Brand.
Ein Teil der Demonstranten versuchte erneut, das Parlament zu stürmen. Polizisten wurden mit Steinen beworfen. Vor dem Grab des Unbekannten Soldaten wurde die Ehrenwache vertrieben. Die Polizei ging mit Tränengas und Schockgranaten gegen die Menge vor, über dem Syntagma-Platz hingen dichte Tränengasschwaden. Die Polizei in Athen erklärte einen "allgemeinen Alarmzustand". Am späten Nachmittag beruhigte sich die Lage.
Zuvor waren rund 30.000 Menschen nach Polizeiangaben dem Protestaufruf der beiden großen griechischen Gewerkschaftsverbände, GSEE für die private Wirtschaft und ADEDY für den öffentlichen Dienst, gefolgt. Sie demonstrierten zunächst friedlich. Die kommunistische Gewerkschaft Pame mobilisierte in einer separaten Veranstaltung ebenfalls im Zentrum Athens rund 10.000 Anhänger.
In Thessaloniki im Norden gingen rund 20.000 Menschen auf die Straße. Mehrere Demonstranten warfen Steine auf Polizisten, Geschäfts- und Bankgebäude. Die Proteste richteten sich gegen die rigiden Sparpläne der Regierung, die diese mit den Euroländern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) im Gegenzug für Kredithilfen in Höhe von 110 Milliarden Euro für die kommenden drei Jahre aushandelte.
"Der Kampf geht weiter"
"Der Kampf geht weiter", sagte der stellvertretende Gewerkschaftschef Ilias Vrettakos am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Am Donnerstag werde ein neuer Streikaufruf für Anfang der Woche ergehen.
Das Parlament gedachte mit einer Schweigeminute der Opfer der Krawalle. Papandreou verurteilte den "unfairen Tod" der drei Bürger. Das griechische Parlament soll dem Sanierungspaket mit umfangreichen Gehaltskürzungen und Steuererhöhungen am Donnerstag zustimmen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sprach sein Mitgefühl angesichts der Toten in Athen aus.
Aufgrund des Streiks war im ganzen Land der Flug-, Fähr- und Eisenbahnverkehr unterbrochen. Schulen und Behörden blieben geschlossen. In den Krankenhäusern konnte nur notversorgt werden. Die griechische Börse brach mit einem Minus von 3,9 Prozent ein. Auch an anderen europäischen Börsen rutschten die Kurse ab.
(APA/AFP/Reuters)