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Gewerkschaft: Gleicher Lohn für 35-Stunden-Woche

Von Sophia Killinger

Wirtschaft
© fotolia/sv_photo

Kürzere Arbeitszeit würde Jobs schaffen, so die Beschäftigtenvertreter. Stimmt nicht, sagen Arbeitgeber.


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Wien. Die einen machen häufig Überstunden, die anderen wollen länger als in Teilzeit arbeiten, und immer mehr Österreicher finden keine Stelle. Die Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) will vor dem Arbeitsmarktgipfel der Regierung im Juli eine Diskussion darüber anstoßen, wie Arbeit besser verteilt werden kann. "Die Kluft zwischen längeren Arbeitszeiten bei Männern und kürzeren Arbeitszeiten bei Frauen wird immer größer", sagt GPA-djp-Vorsitzender Wolfgang Katzian. Die Gewerkschaft fordert eine 35-Stunden-Woche als Normalarbeitszeit - bei vollem Lohn- und Gehaltsausgleich. Umgesetzt werden soll dies über die Kollektivverträge, denn eine politische Mehrheit für eine Verkürzung der gesetzlichen Arbeitszeit auf 35 Stunden sieht Katzian nicht.

In den meisten Kollektivverträgen ist eine 38,5-Stunden-Woche für Vollzeitbeschäftigte fixiert. Die gesetzliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden wurde 1975 festgesetzt - "in den vergangenen 40 Jahren haben sich die Erwerbsbiografien und Lebenskonzepte aber verändert", so Katzian.

Mehr Jobs oder mehr Druck?

Die Auswirkungen einer Arbeitszeitverkürzung beurteilen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter völlig unterschiedlich: Während die Gewerkschaft mit bis zu 100.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen rechnet, geht der Wirtschaftsbund davon aus, dass der Druck auf die Beschäftigten weiter steigt. "Jede Arbeitszeitverkürzung bringt mehr Beschäftigung, wenn auch nicht eins zu eins", sagt Katzian. Die Mitarbeiter wären demnach zufriedener, motivierter und weniger oft krank.

"Arbeit ist keine Frage der Verteilung", heißt es hingegen von der Industriellenvereinigung (IV). Dass eine Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich mehr Jobs schaffen würde, sei so nicht nachvollziehbar, sagt eine IV-Sprecherin: "Frankreich ist das Negativ-Beispiel in Europa." In dem Land wurde 2000 die 35-Stunden-Woche eingeführt und sie ist nach wie vor umstritten, die französische Wirtschaft schwächelt. Auch der Wirtschaftsbund bringt sich gegen eine Arbeitszeitverkürzung in Stellung, da diese die "bereits jetzt schon hohen Lohnnebenkosten noch weiter in die Höhe treiben" würde: "Betriebe könnten es sich nicht leisten, weitere Personen einzustellen. Das gleiche Arbeitspensum einer 40-Stunden-Woche müsste in 35 Stunden bewältigt werden. Das erhöht den Druck auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite", fürchtet der Wirtschaftsbund um die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Betriebe.

Die Arbeitnehmervertreter untermauern indes ihre Forderung nach einer kürzeren Arbeitszeit mit einer Umfrage, laut der zwei Drittel der 801 befragten Angestellten für eine Verkürzung der Normalarbeitszeit auf 35 Stunden bei gleichbleibendem Gehalt sind. Gäbe es Einkommenseinbußen, sprechen sich 23 Prozent für eine 35-Stunden-Woche aus, wie die Ifes-Umfrage im Auftrag der GPA-djp ergeben hat. Die Wirtschaftskammer zitiert wiederum eine eigene Umfrage, laut der etwa zwei Drittel der Arbeitnehmer eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit in ihrem Unternehmen für nicht vertretbar halten.

"Eine Arbeitszeitverkürzung wäre problematisch, wenn dadurch die Kaufkraft sinkt", sagte Soziologieprofessor Jörg Flecker von der Universität Wien bei der Pressekonferenz der GPA-djp. Eine 35-Stunden-Woche würde laut Flecker zur Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt beitragen, weil Teilzeitbeschäftigte (darunter fällt jede zweite Arbeitnehmerin) bei Aufstiegsmöglichkeiten benachteiligt seien. Zudem wirke sich Teilzeit negativ auf die Höhe von Pension und Arbeitslosengeld aus.

Auf Konfrontationskurs

Auch beim Thema flexible Arbeitszeiten prallen zwei Vorstellungen aufeinander: Die Gewerkschaft möchte, dass sich Beschäftigte ihre Arbeitszeit freier einteilen können. Die Arbeitgebervertreter pochen dagegen auf flexiblere Arbeitszeiten im Sinne einer längeren gesetzlich erlaubten Tageshöchstarbeitszeit, um Auftragsspitzen abdecken zu können. Bis zu zwölf statt derzeit zehn Stunden täglich sollen möglich sein.

Nicht nur in puncto Arbeitszeit liegen die Forderungen von Gewerkschaft und Arbeitgebern meilenweit auseinander - Konflikte scheinen also beim Arbeitsmarktgipfel vorprogrammiert. Katzian wünscht sich "Verhandlungen auf Augenhöhe". Diese sind allerdings angesichts der gegenseitigen Vorwürfe schwer vorstellbar. GPA-djp-Bundesfrauenvorsitzende Ilse Fetik meint: "Die derzeitige Arbeitszeitrealität ist retro, keinesfalls modern." Die IV kontert: "Dauernd mit Ideen der Vergangenheit, wie Arbeitszeitverkürzung und Überstunden-Euro, auf die Herausforderungen der Zukunft zu reagieren, ist eine Bankrotterklärung von Teilen der Gewerkschaften."