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Eine freiwillige Selbstverpflichtung zu höheren Frauenanteilen in Führungspositionen bringt nichts, es braucht eine Verpflichtung.
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Immer mehr Frauen haben eine Ausbildung und einen Beruf. Vor 15 Jahren waren in der Europäischen Union etwas mehr als die Hälfte aller Frauen erwerbstätig, heute sind es 62 Prozent. Überwiegend in untergeordneten Positionen mit geringerem Gehalt als Männer? Noch muss man das annehmen, aber: 60 Prozent der Universitätsabsolventen sind weiblich! Am Sockel der Alterspyramide gibt es also einen Nachschub an weiblicher Konkurrenz für den Männerarbeitsmarkt, der sich gewaschen hat.
Mit heutigen Studentinnen, insbesondere in den ersten Semestern, mache ich immer wieder die Erfahrung, dass sie mit dem Gerede von der Benachteiligung von Frauen im Arbeitsmarkt nicht viel am Hut haben. Selbstbewusst und optimistisch meinen sie, dass ihnen mit einer guten Ausbildung, Einsatz und Energie Erfolg und Aufstieg offen stehen werden.
Das hoffe ich auch, aber ich fürchte, einige werden im Berufsleben unangenehme Überraschungen erleben. Die Statistik zeigt uns, dass die Luft für Frauen erheblich dünner wird als für Männer, je mehr Sprossen auf der Karriereleiter sie erklimmen. Das Phänomen ist als "gläserne Decke" schon seit langem bekannt.
In europäischen Topunternehmen gehört nur jedes siebte Mitglied eines Aufsichtsrats dem sogenannten schwachen Geschlecht an (dieser Ausdruck sollte rasch in der Mottenkiste verschwinden) und bei den Mitgliedern des Vorstands ist es gar nur jedes dreißigste. Diese Anteile wachsen im Lauf der Jahre, aber so langsam, dass die heutigen Studentinnen längst in Pension sein werden, wenn ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Männern und Frauen in Spitzenpositionen endlich erreicht sein wird.
In Norwegen hat das Parlament schon vor einigen Jahren Nägel mit Köpfen gemacht und börsennotierten Aktiengesellschaften vorgeschrieben, den Anteil von Frauen im Aufsichtsrat auf 40 Prozent zu erhöhen. Ohne größere Probleme wird das nun durchgezogen. Die EU-Kommission hat im letzten Jahr börsennotierte Unternehmen dazu aufgefordert, auf Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung die Frauenanteile zumindest in Aufsichtsräten zu erhöhen; der Erfolg dieses Appells war mit freiem Auge kaum zu erkennen.
Dann muss eben der Druck erhöht werden: Her mit der gesetzlich vorgeschriebenen Quote! Über Zeitplan und zweckdienliche Sanktionen ist zu diskutieren. Die EU-Kommission hat schon mit einem öffentlichen Hearing begonnen. Studien von internationalen Beratungsfirmen zeigen, dass die Gewinne von Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen höher sind als jene von ausschließlich männerdominierten Firmen. Das überrascht Ökonomen nicht: Diskriminierung aufgrund von Geschlecht oder anderen wirtschaftsfernen Kriterien ist nie effizient.