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Gewinnrücktrag für alle?

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Das Privileg beglückt Künstler und Schriftsteller. Seit dem Jahr 2000 haben die Angehörigen dieser Berufsgruppen die Möglichkeit, zwei Drittel der plötzlichen Gewinnzuwächse aus ihrer schöpferischen Tätigkeit auf die mageren beiden Vorjahre rückzuverteilen.


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Damit brechen sie die ungute Steuerprogression im Superjahr und haben bei besonders günstiger Konstellation sogar die Möglichkeit, die zurückverlagerten Gewinn-Zweidrittel steuerfrei zu belassen. (Die "Wiener Zeitung" hat in ihrer Ausgabe vom 7. Februar über diese steuerliche Förderungsmaßnahme für Künstler und Autoren ausführlich berichtet).

Die freundliche Verteilungsbegünstigung hat freilich Grübler und Rechtswissenschaftler auf den Plan gerufen. Die kurze und nicht unverständliche Frage heißt: Warum eigentlich bloß für die Künstler und Schriftsteller? Und sie leiten daraus die kurze und nicht unverständliche Vermutung ab, dass solche, nur auf einzelne Berufsgruppen eingeschränkte Steuervorteile eigentlich verfassungswidrig sein könnten.

Fragwürdige VfGH-Anrufung

"Den Gewinnrücktrag hätten auch andere Steuerpflichtige gerne, wenn sie in den letzten zwei Jahren niedrigere oder überhaupt keine Einkünfte bezogen haben", schreibt der Wiener Uni-Professor und Finanzrechtler Werner Doralt in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift "Recht der Wirtschaft". Doralt hält die Einschränkung der Rückverteilungsmöglichkeit nur auf Künstler und Schriftsteller für nicht angebracht, weil es auch bei anderen Berufsgruppen zur Zusammenballung von Einkünften kommen kann, denen keine entsprechende Rück-Glättung offen steht.

Doralt sieht eine VfGH-Beschwerde in allen Fällen für chancenreich, in denen Einkünfte in den Vorjahren niedriger waren als im letzten Steuerjahr, insbesondere wenn es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit handelt. Denn hier führe die Begünstigung auch innerhalb derselben Einkunftsart zu unsachlichen Differenzierungen.

Dass ein etwaiger VfGH-Erfolg wohl kaum zu einer generellen Ausweitung des Gewinnrücktrags führen, sondern letztlich bloß die fiskalischen Förderungsabsichten gegenüber den Kreativen treffen würde, wird im Artikel allerdings nicht erwähnt.