Die Fusion zweier Institutionen zur neuen Bundesanstalt GeoSphere Austria ist umstritten.
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Aus zwei wird eins: Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Zamg) und die Geologische Bundesanstalt (GBA) sollen zur GeoSphere Austria (GSA) fusionieren. Die türkis-grüne Bundesregierung will damit ein "neues nationales Kompetenzzentrum für Klimaforschung und Daseinsvorsorge" schaffen.
Ein solches Zentrum werde "in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger", sagte Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP). Sein Ministerium hat einen Ministerialentwurf zum GSA-Errichtungsgesetz vorgelegt, der bis Mitte Jänner in Begutachtung war. Die Begutachtungsfrist war mit vier Wochen festgesetzt und erstreckte sich großteils über die Weihnachtsfeiertage. Das missfiel vielen Institutionen, die eine Stellungnahme abgegeben haben.
Doch war dies bei weitem nicht der einzige Kritikpunkt. Der Name der neuen Behörde stößt auf breite Ablehnung. Vor allem die privaten Wetterdienste sind erbost: Sie orten eine unzulässige Bevorteilung der GSA und eine Wettbewerbsverzerrung. Selbst einige Beamte äußern Bedenken.
Name "zu hinterfragen"
Die künftig rund 500 Mitarbeiter der GSA sollen meteorologische, geophysikalische und geologische Untersuchungen durchführen, Daten sammeln, wissenschaftlich bearbeiten und evident halten. Auch die Information, Beratung und Warnung bei Krisen- und Störfällen, Natur- und Umweltkatastrophen sollen zu ihren Aufgaben zählen. Die GSA soll für den Staat und privatwirtschaftlich tätig werden.
Die Aufgaben würden sich aus der Bezeichnung "GeoSphere Austria" aber nicht herauslesen lassen, wird in mehreren Stellungnahmen kritisiert. Der Verfassungsdienst etwa bemängelt, dass der Name "zu hinterfragen" sei. Er lasse "kaum Rückschlüsse auf das bezeichnete Objekt" zu. Zudem könnten "englischsprachige Bezeichnungen für österreichische staatliche Einrichtungen nicht die erste Wahl sein".
Auch in der Zamg selbst ist der Name umstritten. Der Dienststellenausschuss der Zamg schreibt, dass die Bezeichnung "die umfassenden Aufgaben der neuen Anstalt" nicht korrekt abbilde und die national und international etablierte Marke Zamg gefährde. Der Begriff "GeoSphere" sei "unspezifisch und hat keinen Erkennungswert", kritisiert der Betriebsrat der Zamg. Zudem sei die Abkürzung GSA "schon von mehreren Firmen besetzt, wäre also keine alleinstehende Marke".
Ein weiterer Streitpunkt ist die Organisation und Finanzierung der neuen Institution. Bisher waren Zamg und GBA teilrechtsfähige Anstalten. Die Teilrechtsfähigkeit erlaubte ihnen bereits bisher, am Markt beispielsweise Wetteranalysen oder geologische Gutachten anzubieten. Die GSA soll eine vollrechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts werden. Dadurch erhält sie auch privatwirtschaftlich deutlich mehr Spielraum und kann sich an Unternehmen beteiligen und Vereinen beitreten. Die GSA könne als Körperschaft öffentlichen Rechts auftreten wie jede andere juristische Person, "etwa wie eine GmbH oder AG", sagt Verwaltungsrechtler Peter Bußjäger: "Sie kann prinzipiell alles am Markt tun."
Finanziert werden soll die GSA primär auf einer dreijährigen Leistungsvereinbarung mit dem Bund. Jährlich sind 36 bis 38,5 Millionen Euro pro Jahr für die GSA vorgesehen. Zusätzlich soll die Einrichtung Geld über Dienstleistungen wie Gutachten verdienen.
"Das ist eine Wettbewerbsverzerrung ohnegleichen, und zwar steuerfinanziert", sagt dazu Michael Fassnauer, einer der zwei Gründer und Geschäftsführer des privaten Wetterdienstes Ubimet mit rund 200 Mitarbeitern, der auch für die "Wiener Zeitung" Wetterprognosen erstellt. Fassnauer spricht von einer "staatlich eingeführten Planwirtschaft".
"Nationaler Markt zerstört"
Ubimet werde sich künftig noch stärker auf seine Standbeine im Ausland stützen müssen, sagt Fassnauer. Etwa auf seine Niederlassungen in Melbourne, New York, München und in Zürich. "Denn der nationale Markt wird zerstört." Die GSA sei von der Gewerbeordnung und in gewissen Bereichen von der Steuer ausgenommen und erhalte gleichzeitig Millionen Euro vom Staat.
"Aufgrund des ganzen Konstruktes können sie ihre Preise somit niedrig halten", so Fassnauer. "Selbst bei Einnahmen im Privatbereich darf nämlich das staatliche Geld laut Gesetz nicht sinken." In den gesamten Prozess der Gesetzgebung habe man die privaten Marktteilnehmer nicht einbezogen, um festzustellen, "ob überhaupt Bedarf für die Tätigkeit der GSA am Privatmarkt besteht." Auch die privaten Anbieter Blue Sky Wetteranalysen und die Weatherpark GmbH stehen dem GSA-Konstrukt in der jetzigen Form ablehnend gegenüber.
Problematisch sieht die Vermischung von behördlichem und privatwirtschaftlichem Charakter ebenfalls der Dienststellenausschuss der GBA. Es gebe einen Widerspruch zwischen "der anerkannten Stellung von GBA und Zamg als unabhängige bzw. objektive Institutionen (bzw. der zukünftigen GSA) in der Gesellschaft einerseits und andererseits dem beabsichtigten wettbewerbsorientierten Agieren am freien Markt", heißt es in der Stellungnahme. Dieser beinträchtige die Stellung der GSA-Mitarbeiter insbesondere bei hoheitlichen und hoheitsnahen Tätigkeiten. Andererseits bestehe bei privaten Firmen dadurch "der generelle Verdacht der Querfinanzierung des Personals aus den Mitteln der Leistungsvereinbarung".
Andreas Schaffhauser, interimistischer Leiter der Zamg, kontert: "Es wird sich nicht viel ändern, weil die Zamg und die GBA ja auch schon bisher am privatwirtschaftlichen Markt tätig waren. Die große, nutzbringende Neuerung wird sein, dass künftig sämtliche hoheitliche Daten aller Zonen der Erdoberfläche einheitlich und vor allem frei verfügbar sein werden - das ist für die Privaten sogar von Vorteil, weil diese Daten bisher kostenpflichtig waren." Hinsichtlich der Tätigkeiten gebe es zwei Rechnungskreise: Einen für die nichtwirtschaftlichen und einen für die wirtschaftlichen.
Langfristig werde es mehr Personal für die GSA geben, begegnet Schaffhauser auch Befürchtungen um Personalengpässe, die teils von der Belegschaft der Zamg und GBA geäußert wurden. Das Personal würde genauso wie bisher nur zum Teil beamtet bleiben.
Die vorbereitenden Maßnahmen für die Fusion sollen 2022 umgesetzt werden, damit der Übergang in die GSA mit Anfang 2023 erfolgen kann. Derzeit werden alle Stellungnahmen des Begutachtungsverfahrens gesichtet, heißt es vom Wissenschaftsministerium. Ein Ministerratsbeschluss sei noch im Februar geplant.