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Es wird noch einige Zeit vergehen, bis sich der Nebel über dem sogenannten deutschen Asylkompromiss und seinen Folgen für die Nachbarstaaten und die EU im Allgemeinen lichten wird.
Die ersten, locker aus der Hüfte geschossenen Einschätzungen pendeln zwischen den Extremen von "Internierungslagern" (so nennen die deutschen Grünen die von CDU und CSU angestrebte Einrichtung von "Transitzentren", die allerdings aus Sicht der SPD auf keinen Fall so heißen dürfen) und der geglückten "Verhinderung von nationalen Alleingängen". Letzteres war die unumstößliche Bedingung Angela Merkels; die Realität dürfte nun so aussehen, dass bereits in einem anderen EU-Staat registrierte Flüchtlinge nicht an der Grenze zurückgewiesen, aber sehr wohl aus den "Transitzentren" (die nur nicht so heißen dürfen) ins Registrierland zurückgeschickt werden.
Im Vergleich dazu liegen die absehbaren Konsequenzen für Deutschlands Nachbarstaaten - und für die Nachbarstaaten der Nachbarstaaten - auf der Hand: Die verschärften deutschen Grenzschutzbemühungen werden unweigerlich zu verschärften Sicherungsmaßnahmen in den Anrainerstaaten führen.
Im Unterschied zu den bereits bestehenden nationalen Grenzschutzmaßnahmen wird dieses Mal der Dominoeffekt bis an die Außengrenze der Schengenzone nicht nur in Kauf genommen, sondern ist politisch beabsichtigt. Der auf dem geduldigen Papier der EU-Bürokratie bereits tausendmal beschworene Außengrenzschutz der EU soll so durch Tatsachen aus dem Schengen-
Inneren erzwungen werden. Das ist der Masterplan hinter dem deutschen Asylkompromiss. Wenn er denn hält und nicht von der SPD versenkt wird.
Österreichs Regierung kann von dessen Folgen unmöglich überrascht sein, weil ÖVP wie FPÖ die dahinterstehende Logik des Grenzschutz-Dominos befürworten - mit dem angepeilten Endeffekt einer konsequenten Sicherung der EU-Außengrenzen. Die jüngst groß (und missglückt) als Abschreckung inszenierte Übung in der Steiermark passt in dieses Bild. Und zu dieser Logik gehört eben auch, dass erst, wenn eine solche funktioniert, grenzenlose Reisefreiheit in der Schengen-Zone wieder möglich ist.
Ob dieser Plan aufgeht, steht in den Sternen. Zumal er auch politisch heftig umstritten ist.
Die EU-Wahlen im Mai 2019 werden Rückschlüsse ermöglichen, welchen Kurs eine Mehrheit der Bürger befürwortet.
Zu hoffen ist, dass aus diesem Anlass die Politik den Bürgern die Wahrheit zumutet: Kein Grenzschutz wird helfen, wenn es nicht gelingt, Wohlstand und Sicherheit nach Afrika zu tragen. Die Kosten dafür übersteigen unsere heutigen Vorstellungen. Aber sie werden unumgänglich sein.