Österreich droht mit Klage wegen Diskriminierung von Ausländern.
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Brüssel. Die Maut, die es noch nicht gibt, sorgt noch immer für Aufregung. Die Pläne der Regierung in Berlin, eine Abgabe zur Benutzung deutscher Autobahnen einzuführen, lösen Bedenken sowohl in den Nachbarstaaten als auch in der EU-Kommission aus. Einmal mehr musste Verkehrsminister Alexander Dobrindt daher das Vorhaben bei einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in Brüssel verteidigen. Sein Land wolle in Anspruch nehmen, "was seit vielen Jahren in den meisten unserer Nachbarstaaten gang und gäbe ist", erklärte der CSU-Politiker.
Die Maut soll ab 2016 für ausländische Autofahrer gelten; Deutsche sollen die Abgabe über die Kfz-Steuer rückerstattet bekommen. Während Dobrindt am Zeitplan festhalten und seinen Gesetzesentwurf in zwei Wochen ins Kabinett einbringen möchte, ortet sein österreichischer Kollege Alois Stöger "Verbesserungsbedarf". Wien will sich gegen eine mögliche Diskriminierung von Ausländern wehren und hat bereits mit rechtlichen Schritten gedroht - bis hin zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Die Regierung hat ein Gutachten bei der Universität Innsbruck in Auftrag gegeben, um die deutschen Pläne auf Konformität mit den EU-Gesetzen prüfen zu lassen.
Brüsseler Bedenken
Durch die erste Einschätzung sieht sich Stöger bestätigt. Es gebe nämlich mehrere "Rechtswidrigkeiten". Eine "indirekte Diskriminierung" könnte darin bestehen, dass die Einführung der Maut eng an die Senkung der Kfz-Steuer gebunden sei. Dadurch würden deutsche Autofahrer entlastet und ausländische nicht. Außerdem sei der Preisunterschied bei den Jahres- und Zwei-Monats-Vignetten nicht verhältnismäßig. Denn für ein Jahr würde der Benutzer eines umweltfreundlichen Neuwagens 24 Euro zahlen. Und für zwei Monate nur zwei Euro weniger. Stöger hofft nun, die EU-Kommission für seine Argumente gewinnen zu können. Denn die Brüsseler Behörde selbst ist nicht davon überzeugt, dass das Gesetzesvorhaben das Prinzip der Nicht-Diskriminierung befolgt. Demnach müssten alle EU-Bürger gleich behandelt werden. Gleichzeitig aber hat die Koalition in Berlin deutschen Autofahrern zugesichert, dass sie nicht draufzahlen.
Dass dies dennoch der Fall sein wird, befürchten einige deutsche Sozialdemokraten. Sie warnen vor Mehrbelastungen. Das "Handelsblatt" berichtete, dass das Wirtschaftsministerium den Gesetzesentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble zur Kfz-Steuer begrüßt habe. Dort sei eine automatische Senkung der Steuer nicht vorgesehen. Allerdings sollen laut Dobrindts Vorlage die Infrastruktur-Abgabe und die Kfz-Steuer "unabhängig voneinander bestehen". Für Teile der SPD bleibt dennoch die Gefahr einer späteren Mauterhöhung bestehen. Die Christdemokraten weisen dies zurück.
Die Einführung der Pkw-Maut war in Deutschland selbst von Anfang an umstritten. Angezweifelt wurde etwa ihre Rentabilität. Die Regierung hatte sich ursprünglich Milliarden Euro fürs Budget erhofft. Nun rechnet sie mit Einnahmen von 500 Millionen Euro.