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Bis kommende Woche will der künftige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Aufgaben in Behörde verteilen.
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Brüssel. Die Regionalpolitik wird es nicht mehr werden; unwahrscheinlich scheint auch der Verkehrsbereich: Welches Aufgabengebiet künftig der österreichische EU-Kommissar Johannes Hahn übernimmt, ist noch nicht fix. Doch der gewichtige - weil mit erheblichem Budget ausgestattete - Posten des Regionalkommissars könnte eher an den Vertreter Polens gehen. Das Land schickt nämlich eine Frau nach Brüssel, und der designierte Präsident der Behörde, Jean-Claude Juncker hatte bereits im Vorfeld der Nominierungen angekündigt, Frauen bei der Ressortzuteilung zu bevorzugen, wenn sie nicht ausreichend in seinem Kabinett repräsentiert sind. Bisher hatten dennoch die wenigsten Länder einen weiblichen Kandidaten präsentieren können. Die für das Amt des Regionalkommissars ins Gespräch gekommene polnische Kandidatin, Elzbieta Bienkowska, verfügt außerdem über eine gewisse Erfahrung, war sie doch schon als stellvertretende Ministerpräsidentin für die Koordinierung und Aufteilung von EU-Mitteln zuständig. Spekuliert wird aber ebenfalls, ob sie nicht den Bereich Binnenmarkt übernehmen werde. Denn auch dieser Posten ist noch nicht fix vergeben.
Noch immer zu wenige Frauen
Auch Rumänien erwägt nun, neben Dacian Ciolo, der bisher für das Agrarressort zuständig gewesen ist, eine Frau zu nominieren, um so seine Chancen in der EU-Personalrochade zu verbessern. Infrage käme etwa die sozialdemokratische EU-Parlamentarierin Corina Cretu. Rumänische Diplomaten in Bukarest hatten zuvor zwar angegeben, das Land würde sich um das Portfolio für Beschäftigung und Soziales bemühen, jedoch wird in Brüssel gemunkelt, Juncker wolle das Amt des Regionalkommissars an ein osteuropäisches Land vergeben.
Juncker hat bereits Gespräche mit den Nominierten aufgenommen, in den kommenden Tagen will er entscheiden, wer welche Aufgaben bekommt. Doch zumindest einer seiner Wünsche wird sich wohl nicht erfüllen. In der künftigen Behörde werden nämlich nicht mehr Frauen vertreten sein als bisher. Derzeit sind es neun. Doch nur sieben Länder haben Kandidatinnen ernannt: Neben Polen waren es Italien, Schweden, Dänemark, Tschechien, Slowenien und Bulgarien. Zyperns Nominierung ist noch nicht offiziell, und Belgien schob seine bis zuletzt auf. Doch auch das scheint einen Mann zu bevorzugen: In der Favoritenrolle überholte der scheidende Außenminister Didier Reynders die EU-Abgeordnete Marianne Thyssen. Einen Mann schicken ebenfalls die Niederlande, die als eines der letzten Länder ihren Vertreter nominiert haben. Außenminister Frans Timmermans werden dabei Chancen auf ein wichtiges Wirtschaftsressort nachgesagt.
Offen ist noch, wer den Agrarbereich übernimmt, der ebenfalls einen gewichtigen Budgetposten bildet. Der bisherige Kommissar, Dacian Ciolos, ist einer der wenigen, die - wie Johannes Hahn beispielsweise - eine weitere Legislaturperiode bekommen sollen. Ein weiterer ist sein deutscher Kollege Günther Oettinger, der bisher für den Energiesektor verantwortlich war. Künftig soll er laut Gerüchten Handelskommissar - zuständig für TTIP, das Freihandelsabkommen mit den USA, sein.
Frankreich wiederum sähe gern Ex-Finanzminister Pierre Moscovici als Währungskommissar. Das gefiele aber Deutschland nicht. Seinem Nachbar fällt nämlich die Einhaltung der Haushaltsdisziplin, auf die Berlin immer wieder pocht, schwer. Die Repräsentanz der Außen- und Sicherheitspolitik steht hingegen seit dem Wochenende fest: Da einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf Federica Mogherini als EU-Außenbeauftragte.
Die Zeit drängt
Bis kommende Woche will Juncker die Aufgaben in seiner Behörde verteilt haben, nachdem er Gespräche mit allen Kandidaten geführt hat. Deren Ziel sei es, die Eignung festzustellen, heißt es aus Junckers Büro. Im EU-Vertrag liest sich das so: "Die Mitglieder der Kommission werden aufgrund ihrer allgemeinen Befähigung und ihres Einsatzes für Europa unter Persönlichkeiten ausgewählt, die volle Gewähr für ihre Unabhängigkeit bieten."
Verzögert sich die Aufteilung allerdings, könnte dies den weiteren Zeitplan zum Wackeln bringen. Denn auch das EU-Parlament muss der Zusammensetzung der neuen Kommission zustimmen, und zuvor bittet es alle dafür Nominierten zu einer Anhörung. Der Termin dafür hat sich bereits verschoben, auch wenn dies noch offiziell beschlossen werden muss. Ab 29. September, eine Woche später als ursprünglich geplant war, sollen sich die Kandidaten dann schließlich den Fragen der EU-Abgeordneten stellen. Bis 9. Oktober müssten die Anhörungen abgeschlossen sein. Denn am 1. November soll die neue Brüsseler Behörde bereits ihre Arbeit aufnehmen.