Zum Hauptinhalt springen

Ghani bei Präsidentschaftswahl vorne

Von Veronika Eschbacher

Politik

Laut vorläufigem Endergebnis entscheidet Ex-Weltbank-Experte Aschraf Ghani die Stichwahl in Afghanistan für sich. Umstrittene Stimmen werden aber erneut ausgezählt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Kabul. "Nein, ja, ach, keine Ahnung, alles ist so chaotisch und verfahren hier", hieß es Montagmittag noch aus afghanischen Regierungskreisen auf die Frage, ob denn die bereits mehrmals verschobene Verkündigung der Resultate der Präsidentschaftswahl am Montag noch zu erwarten sei. Mit mehrstündiger Verspätung - die unabhängige Wahlkommission hatte erst gestern noch über weitere 944 Beschwerden entschieden - hieß es schließlich, der frühere Weltbank-Volkswirt Ashraf Ghani Ahmadzai habe nach vorläufigem Ergebnis die Präsidentenwahl gewonnen. Für ihn hätten 56,44 Prozent der Wähler gestimmt. Auf seinen Gegenkandidaten und früheren Außenminister Abdullah Abdullah seien 43,56 Prozent der Stimmen entfallen.

Mit der Verkündigung des vorläufigen Endergebnisses konnte ein zweiwöchiges Patt zwischen den beiden Lagern der Stichwahl beendet werden. Abdullah, der die erste Wahlrunde Anfang Mai als Sieger beendet hatte, hatte seit der Stichwahl Mitte Juni mehrmals von Wahlbetrug gesprochen. Es waren mehrere Mitschnitte von Telefonaten aufgetaucht, in denen die Rede von Schafen ist, die gestopft werden sollen - wohl ein Code für das Stopfen von Wahlurnen. Der stellvertretende Leiter der unabhängigen Wahlkommission nahm daraufhin seinen Hut, durch die massiven Vorwürfe drohte der erste demokratische Machtwechsel - trotz überwältigender Wahlbeteiligung - in der Geschichte des Landes zu scheitern. Und das ohne das Zutun der Taliban, die den Urnengang nicht signifikant stören konnten.

Ermöglicht wurde das "Zwischenergebnis" auch durch die Einigung der beiden Lager, dass die Stimmzettel von 7000 Wahllokalen ab dem heutigen Dienstag neu ausgezählt werden. Die Wahlkommission am Montag in Kabul beeilte sich daher zu betonen, das Endergebnis könne nach der Überprüfung von Betrugsvorwürfen durch die Wahlbeschwerdekommission abweichen.

Der Vorsitzende der Wahlkommission, Yusuf Nuristani, räumte am Montag ein, es habe Fehler im Wahlprozess gegeben. Es liege nun an der Beschwerdekommission, verbleibende Beanstandungen zu überprüfen. Das amtliche Endergebnis soll am 22. Juli verkündet, der Nachfolger von Präsident Hamid Karzai am 2. August ins Amt eingeführt werden.

Der anscheinend unterlegene Abdullah Abdullah will allerdings das das Wahlergebnis nicht annehmen. "Wir akzeptieren die heute verkündeten Resultate nicht und sehen dies als einen Putsch gegen die Stimmen des Volkes an", sagte Abdullahs Sprecher Mujib Rahman Rahimi.

Unterdessen kamen am Montag bei erneuten Zusammenstößen zwischen radikal-islamischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften mindestens 20 Menschen ums Leben.