Zum Hauptinhalt springen

Gibt es Alternativen zur Wehrpflicht?

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Berufssoldaten oder Milizheer auf Freiwilligkeit. | Bei Katastrophen nicht unersetzbar. | Bürgerdienst statt Zivildienst. | Wien. Mit 1. Juli, nach fast 200 Jahren, hat Schweden die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft. Nun dienen Schweden und Schwedinnen freiwillig an der Waffe. Weil das skandinavische Land gerne als Vergleichsgröße und Vorbild für Österreich benutzt wird, hat der Schritt auch in Österreich zu einer Diskussion über die Abschaffung der Wehrpflicht geführt. | Analyse: Wehrpflicht macht nur noch sozial Sinn


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Am Status quo dürfte sich allerdings auch jetzt nichts ändern. Verteidigungsminister Norbert Darabos hat angekündigt, dass es unter ihm sicher kein Berufsheer geben werde. Auch in der ÖVP ist man klar gegen eine Abschaffung.

Allerdings scheint es angesichts des regelmäßigen Wiederkehrens der Diskussion angebracht, die Was-wäre-wenn-Frage zu stellen. Was wäre, wenn die Wehrpflicht in Österreich abgeschafft würde? Dazu muss man gewärtigen, was alles an der Wehrpflicht hängt.

Da wäre zum einen die Kernaufgabe des Bundesheeres: Die Landesverteidigung. Die Wehrpflicht garantiert dem Heer eine gewisse Kampfkraft. Alternativen dazu wären ein Berufsheer, wie es jetzt in Schweden eingeführt wurde, oder ein freiwilliges Milizheer.

Weniger Soldaten, dafür freiwillig

Letzteres fordert die "Gruppe für eine Schweiz ohne Armee" (Gsoa) für die Eidgenossenschaft. Dort leisten die Männer ihren Militärdienst nicht am Stück, sondern in Etappen zwischen 18 und 32 Jahren. Daran soll sich laut Gsoa auch nichts ändern, außer dass der Dienst freiwillig ist. Dadurch würde die Schweizer Armee von derzeit rund 200.000 Soldaten auf rund 50.000 verkleinert. Eine Berufsarmee lehnt die Initiative ab. Patrick Angele, politischer Sekretär von Gsoa, sieht in der Forderung einen "Schritt zur Demilitarisierung der Schweiz und der schweizerischen Gesellschaft".

Ab kommendem Dienstag, 6. Juli, läuft dazu eine Volksinitiative. Wenn Gsoa binnen 18 Monaten 100.000 Unterschriften sammelt, muss der Antrag auf Aufhebung der Wehrpflicht dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Chancen, dass es dazu kommt, stehen nicht schlecht: Sozialdemokraten und Grüne unterstützen die Initiative, die bürgerlichen Parteien FDP, SVP und CVP sind dagegen.

Ein zweiter Aspekt der österreichischen Wehrpflicht sind die Assistenzeinsätze. Vor allem jene im Katastrophenfall gelten vielen als unersetzbar. Eine Einschätzung, die Franz Rath, im Bundesfeuerwehrverband für den Bereich Katastrophen zuständig, nicht hundertprozentig teilt.

"Enorme Kampfkraft" der Feuerwehr

Mit mehr als 300.000 Mitgliedern in den freiwilligen Feuerwehren habe man eine "enorme Kampfkraft" und könnte rein von der Manpower her die eingesetzten Soldaten problemlos ersetzen. Letztere würden aber deshalb gerne herangezogen, weil sie länger und problemloser einsetzbar sind als die freiwilligen Florianijünger, die für Einsätze beruflich freigestellt werden müssen. Nicht verzichten möchte Rath auf das Heer in den Bereichen, "wo es ins schwere Gerät geht". Dieses stünde den Feuerwehren schlicht nicht zur Verfügung. Dass hier das Heer mit Bergepanzern und Hubschraubern aushelfe, habe sich bewährt, so der Oberbrandrat.

Neben den militärischen Aspekten von Landesverteidigung und Assistenzeinsatz hängt an der Wehrpflicht in Österreich auch das Zivildienstwesen. Mit dem Wegfall der Wehrpflicht würden plötzlich 14.000 Zivildiener fehlen, denn eine Abschaffung der Wehrpflicht unter Beibehaltung des Zivildienstes wäre laut Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk nicht möglich.

Die Einführung eines allgemeinen Bürgerdienstes (etwa ein Sozialjahr) wäre laut Funk allerdings legal - auch verpflichtend, und zwar für Männer wie für Frauen. Wie lange kann man die Bürger zum Dienst an der Allgemeinheit heranziehen? "Vier Monate bis maximal ein Dreivierteljahr wären unproblematisch", so Funk.

"Zivildienst darf keine Arbeitsplätze gefährden"

Auch in der Schweiz gibt es - wenn auch in sehr bescheidenem Rahmen - Zivildienst als Heeresersatzdienst. Dieser soll von der Wehrpflicht abgekoppelt und ausgeweitet werden, fordert Erich Hirtler vom Verein "zivildienst.ch". "Strukturelle Arbeit", etwa als Sanitäter oder Krankenpfleger, sollen Schweizer Zivildiener aber nicht leisten. "Es dürfen keine bestehenden Arbeitsplätze gefährdet werden", sagt Angele. Es gehe eher um einen Dienst an der Gesellschaft, etwa in Form von Naturschutzarbeiten.