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Gibt es ein Rezept gegen Rechts?

Von Isolde Charim

Gastkommentare
Isolde Charim ist Philosophin und Publizistin und arbeitet als wissenschaftliche Kuratorin am Kreisky Forum in Wien.
© Daniel Novotny

Über die Entschlossenheit in der Politik.


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Im "Duell um Wien", zu dem die morgigen Wahlen stilisiert wurden, da klingt es noch einmal durch - das alte Säbelrasseln früherer politischer Auseinandersetzungen. Damals, als es - präpostmodern - noch um etwas ging in der Politik. In den letzten Wochen wurde oft gesagt, der Wahlkampf sei ohne Inhalt. Nur gegen etwas zu sein, sei kein Inhalt. Schon. Aber es ist zumindest eine Position. Und um die geht es jetzt. Da blitzt die alte Unversöhnlichkeit wieder durch. Denn das, um was es geht, ist etwas Unteilbares, wie die Theorie es nennt. Während ökonomische Fragen teilbar, also verhandelbar sind, geht es hier um etwas Unverhandelbares.

Nehmen wir etwa die zuletzt wieder gerne kolportierte Feststellung, die FPÖ sei heute die wahre, die neue Arbeiterpartei. Dies ist eine Feststellung von Demoskopen: Es ist eine statistische Feststellung, aber keine politische. Denn die FPÖ, ja die Rechten in ganz Europa, rufen ihre Wähler nicht als Arbeiter an, sondern qua ethnischer Zugehörigkeit, als Volksgenossen. Jene Arbeiter, die sie wählen, wählen sie nicht als Arbeiter, sondern als Österreicher.

Die FPÖ bietet ihnen nicht die Vertretung ihrer ökonomischen Interessen an. Sie bietet ihnen nur eine ideologische Einbindung an. Sie bietet ihnen eine Identität an. Das ist das Unverhandelbare.

Man kann mehr oder weniger Lohn bekommen, mehr oder weniger Steuern zahlen - man kann aber nicht mehr oder weniger Österreicher sein. Das ist unteilbar. Die Schlacht wird auf dem Feld der unteilbaren Konflikte geschlagen.

Diese vermögen, Emotionen zu wecken, Leute zu mobilisieren. Daher rührt auch die Unversöhnlichkeit.

Was man aber sehr wohl kann, ist die Definition des "Österreichers" verändern.

Dazu braucht es einen bestimmten Politiker-Typus. Nicht den paternalistischen Versorger, nicht den Draufgänger, sondern einen Typus, dessen wesentliche Eigenschaft Entschlossenheit ist. Strache ist ein Entschlossenheitsdarsteller. Dagegen, so hört man immer, kommt man nicht mit Anpassung oder Lavieren an. Häupl, zu dem man stehen mag, wie man mag, ist (im Unterschied zu seinem Parteigenossen im Burgenland) entschlossen. Gerade in letzter Zeit, in der Flüchtlingsfrage.

Aber das wirkliche Lehrstück in Sachen Entschlossenheit hat wohl Angela Merkel geliefert. Mit ihrem Auftritt bei Anne Will im ZDF. Da sah man eine Politikerin, die mit ihrer unerwarteten Flüchtlingsentscheidung die ganze Welt überrascht hat, eine Politikerin, der nunmehr auch aus den eigenen Reihen ein heftiger Gegenwind entgegenschlägt und die trotzdem mit "existenzieller Dringlichkeit" (Monika Boll) ihre Position verteidigt. Ein Bild der Entschlossenheit von nahezu lutherischer Dimension: Hier stehe ich und kann nicht anders.

Noch ist unklar, ob das die ultimative Überzeugung oder den ultimativen Untergang der Politikerin bedeutet. Spannend auch für die Frage, ob Entschiedenheit, ob das Einstehen für etwas, auch gegen alle, tatsächlich die politische Lösung ist. Ist der alte Eigensinn das Rezept gegen Rechts? Das, was wir an Rebellen verehren und verklären - hinterher?

Nun hat eine Kanzlerin das vorgeführt. Mit offenem Ausgang. Ihr entscheidender Satz aber war - und das sei der gesamten österreichischen Regierung gesagt: "Ich habe einen Plan."