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Gibt es zu wenig Polizisten in Wien - oder haben sie nur zu viele Aufgaben?

Von Bernhard Baumgartner

Analysen

Die durch interne Grabenkämpfe und Abenteuerlichkeiten selbstverschuldete Unruhe in der Wiener Polizei will sich nur langsam legen. Zwar gibt es nun neue Köpfe, die es ehrlich besser machen wollen, aber die Unzufriedenheit in der Truppe - also jener, die jeden Tag für Sicherheit und Ordnung ihren eigenen Kopf hinhalten müssen - wird dadurch nicht besser. | Das hat verschiedenste Ursachen. Einerseits wird der Wind, speziell in Wien, immer rauer. Die Gewaltbereitschaft der einschlägigen Klientel steigt stetig, es wird immer öfter und aus immer nichtigeren Situationen heraus geschossen. Das verbreitet natürlich Angst und Unsicherheit. Kein Wunder, dass speziell die Wiener Sicherheitswache-Beamten neidvoll über die Stadtgrenze, etwa nach Niederösterreich oder ins Burgenland, schauen, wo die Kollegen mit nur einem Bruchteil der Arbeitsbelastung der Wiener konfrontiert sind. Kein Wunder auch, dass etliche Beamte mit allem Nachdruck ihre Versetzung in die Bundesländer betreiben und damit oft auch Erfolg haben.


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Jeden Tag mit zunehmend gewaltbereiten Randgruppen zu tun haben, ist ein Job, um den einen niemand beneidet. Zudem nimmt sich das durchschnittliche Einstiegsgehalt nach der Ausbildung mit rund 1800 Euro brutto im Vergleich zur Gefährdung und der zu tragenden Verantwortung eher mager aus. Vom Prestige, das eine Amtsperson früher einmal genossen hat, ist zudem keine Rede mehr. Der Kieberer rangiert für den Durchschnittsbürger in Sachen Ansehen irgendwo zwischen dem Parksheriff und dem Gerichtsvollzieher. Natürlich nur solange man sie nicht braucht. Im Ernstfall sollen sie dann aber bitte sofort da sein!

Etwa 5000 Polizisten gibt es in Wien, das seien 1000 weniger als noch vor zehn Jahren, moniert die Polizeigewerkschaft. Diese seien zudem mit Bürokratie überlastet, statt sich dem Schutz der Bürger zu widmen.

Gibt es wirklich zu wenig Polizisten in Wien? Und kann man nicht einfach aus anderen Bundesländern Kräfte in Wien zusammenziehen, wenn die dort wenig zu tun haben? Kurioserweise geht diese einfache Frage am Punkt vorbei. Die wichtigere Frage ist nämlich eher, wie die Ressourcen eingesetzt werden.

Wieso müssen sich etwa immer noch Hunderte gut ausgebildete und in dieser Funktion völlig unterforderte Polizisten der Überwachung des Verkehrs widmen? Wozu braucht man einen (bewaffneten) Uniformierten, der an einem Samstagabend (Überstunden!) Strafmandate ausstellt, weil das KfZ-Pickerl ein paar Tage überfällig ist?

In Wien können gerade einmal 27,6 Prozent der Verbrechen aufgeklärt werden. Wäre es nicht sinnvoller, die Überwachung des Verkehrs an eine andere Truppe abzugeben, in der die Leute nicht jahrelang teuer ausgebildet werden müssen, um dann Strafmandate auszustellen?

Wenn alle Polizisten das täten, wofür sie ausgebildet wurden, müsste man sich nicht mit Personal-Engpässen herumschlagen. Wien hat mit seinen - zum Leidwesen der Autofahrer - effizient arbeitenden Parksherriffs vorexerziert, wie man die Bürger zur Einhaltung der Gesetze zwingt und auch noch Gewinn dabei macht. Der Sicherheit der Stadt wäre eine Neudefinition der polizeilichen Aufgaben jedenfalls zuträglich.