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Giftiges Maschinenöl im Futtertrog

Von WZ-Korrespondentin Anna van Ommen

Wirtschaft

Industrieöl im Futter Schuld an Dioxinbelastung. | Nach Österreich wurde kein Fleisch aus Irland importiert. | London/Wien. Es hätte kaum schlimmer kommen können. Ausgerechnet zur verkaufsträchtigen Weihnachtszeit muss irisches Schweinfleisch im Wert von rund 125 Millionen Euro in bis zu 25 Ländern vernichtet werden. In der vergangenen Woche hatten Kontrolleure bei Labor-Versuchen krebserregende Dioxine festgestellt, die zulässigen Grenzwerte wurden um das 200-fache überschritten.


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Schuld an der Verseuchung ist offensichtlich Maschinenöl, das bei der Herstellung ins Viehfutter gelangte. Neben 47 irischen Fleischproduzenten werden auch neun Züchter im britischen Nordirland untersucht. Die betroffenen Produzenten bezogen ihr Futter alle vom Futterhersteller Millstream Power Recycling im irischen Ort Carlow.

Bei einem Treffen gestern in Brüssel sollten EU-weite Maßnahmen erörtert werden. Nach Angaben der irischen Behörde für Nahrungsmittelsicherheit (FSAI) ist das Gesundheitsrisiko für Verbraucher "äußerst gering". Bei einer Pressekonferenz am Sonntag erklärte Nahrungsmittelexperte Tony Holoham, der Ausbruch sei "vergleichbar" mit dem Dioxin-Ausbruch 1999 in Belgien. Damals seien keine erheblichen Gesundheitsschäden bei Verbrauchern ermittelt worden.

Das Ansehen der irischen Nahrungsmittelindustrie hat jedoch einen schweren Schlag erlitten. Eine eigens eingerichtete Telefonauskunftsstelle erhielt bereits am Sonntag über 2000 Anrufe. In vielen irischen Supermärkten standen Verbraucher Schlange und verlangten ihr Geld zurück.

Schweinezüchter befürchten Bankrott

Auch bei den Viehzüchtern macht sich Verzweiflung breit: "In den Geschäften sind abertausende Weihnachtsschinken, die in den nächsten Tagen vernichtet werden müssen. Es ist die schlimmste Zeit des Jahres für so etwas", sagte Rory O´Brien, ein Schweinezüchter aus dem irischen Mitchelstown in der Grafschaft Cork. Seiner Ansicht nach könnte der Dioxin-Fall "zum Bankrott der Industrie führen". Obwohl O´Briens Farm keine schädlichen Dioxin-Werte aufweist, zählt er zu den insgesamt 400 irischen Schweinezüchtern, die von der Rückrufaktion betroffen sind. Die Schweinezucht, der viertgrößte Sektor der irischen Wirtschaft, hat ein Exportvolumen von rund 340 Millionen Euro.

Nach Angaben der EU-Kommission wurde bereits in mindestens 21 Staaten mit Dioxin verseuchtes Schweinefleisch aus Irland entdeckt. Neben Deutschland seien Italien, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Polen, Estland, Schweden, Dänemark, Zypern, Portugal, die Schweiz, die USA, Kanada, Russland, China, Hongkong, Japan, Singapur und Korea betroffen.

Von der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) hieß es am Sonntag, Österreich sei nach dem bisherigen Erkenntnisstand nicht beliefert worden - und damit nicht betroffen

Der Skandal könnte nach EU-Angaben möglicherweise auch Rindfleisch betreffen. Mit Dioxin verseuchtes Futter sei auch an mehrere Rinderzüchter in Irland geliefert worden, hieß es.

Fleischproduzentenfordern Hilfspaket

Die aktuelle Untersuchung in Irland ist die größte seit Ausbruch der Maul- und Klauenseuche vor sieben Jahren. Im Sommer 2001 kämpfte der Nachbar Großbritannien mit einer Epidemie, die einen Schaden im Wert von acht Milliarden Pfund anrichtete. In Irland war nur ein Agrarbetrieb betroffen, doch die irische Regierung griff zu harten Maßnahmen. Die Ausbreitung konnte durch Viehvernichtung und Reiserestriktionen verhindert werden. Die Folgen für die Nahrungsmittelindustrie und den Tourismus - zwei der wichtigsten Einkommensquellen des Landes - waren allerdings verheerend.

Heute steckt Irland ähnlich wie seine europäischen Nachbarn in einer tiefen Rezession. In Folge des Dioxin-Desasters haben bereits mehrere Fleischproduzenten angekündigt, bis zu tausend Arbeitsplätze zu streichen. Die Schweinezüchter gehen davon aus, dass die Rückrufaktion rund 100 Millionen Euro kosten wird. Sie fordern von der Regierung ein umgehendes finanzielles Hilfspaket. Erst wenn es zu einer Einigung kommt, sind die Viehzüchter bereit, die gestoppte Fleischproduktion wieder aufzunehmen. Schnelles Handeln ist gefragt. Wenn nicht, könnte der Weihnachtsgabentisch für viele in jeder Hinsicht mager aussehen.