Im Grunde war es ein Glück, dass die Krawalle in Deutschland schon im Vorfeld des G-8-Gipfels ausgebrochen waren. Sowohl Gipfelgegner als auch Exekutive zeigten sich davon so geschockt, dass der Rest der Proteste - von einigen Überreaktionen der Polizei abgesehen - das bunte und friedliche Fest wurde, das die Globalisierungskritiker erhofft hatten.
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Diese zeigten sich daher ebenso zufrieden wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die heuer den G-8-Vorsitz innehat. Zwar bleiben die Klimaschutz-Vereinbarungen hinter dem Wünschenswerten und wohl auch Notwendigen zurück, aber angesichts der verschiedenen Interessenslagen erscheint Merkels Argument plausibel, es sei das "Höchstmögliche" erreicht worden.
Die Hoffnung ist nicht ganz unberechtigt, dass sich jetzt in der internationalen Klimapolitik eine neue Eigendynamik entwickelt - insbesondere, wenn beim geplanten Abschluss der Verhandlungen im Jahr 2009 nicht mehr George W. Bush in den USA am Ruder sein wird. Selbst dann bleibt aber abzuwarten, ob die angestrebten Ziele auch mit Leben erfüllt werden können - beim Kyoto-Protokoll wurden sie von den einzelnen Ländern bisher ebenso verfehlt wie bei der Ausweitung der Hilfe für Afrika, die nun noch einmal bekräftigt wurde.
Abwarten heißt es auch nach den versöhnlichen Tönen im Raketenstreit. Denn die Prüfung des Aserbeidschan-Angebotes, die der überraschte Bush seinem Freund Wladimir Putin zugesagt hat, kann eigentlich nur ergeben, dass es abzulehnen ist. Dass nämlich die USA ihre - wenn auch ausgereifte - Rüstungs-Hochtechnologie mit den Russen teilen, ist denn doch mehr als unwahrscheinlich.
Dennoch könnte man als positives Element werten, dass die Eskalation der Worte zunächst einmal gestoppt wurde. Die wienerische Weisheit "Durchs Reden kommen dLeit zsamm" ist ja das Wichtigste, was man solchen Gipfeltreffen zugute halten kann.
Dass sich bei der Gruppe der 8 nur ein beschränkter Teilnehmerkreis zu solch intensiver Kommunikation zusammenfindet, ist freilich ein permanenter Wermutstropfen. Tony Blair hat wiederholt auf eine Erweiterung zu einer G-13 gedrängt, daraus geworden ist nun der "Heiligendamm-Prozess", der den Dialog mit den fünf Schwellenländern (G-5) stärken soll.
Unter den Mitte der Siebzigerjahre erstellten wirtschaftlichen Kriterien müsste nicht nur manches Land ausgesiebt, sondern auch China längst eingebunden sein. Dem steht aber nicht nur das alte Prinzip entgegen, dass die "westliche Wertegemeinschaft" in der Gruppe präsentiert sein sollte, sondern auch der mangelnde Wille der Volksrepublik, die sich lieber als Sprecher der Dritten Welt geriert. Auch beim Klimaschutz steht China ebenso wie Indien auf der Bremse - im Gegensatz zu den G-5-Kollegen Brasilien und Mexiko. Seite 8