Streit um Raketenschild überschattet das G-8-Treffen. | USA streichen Mittel für Erforschung der Erderwärmung. | Berlin/Wien. Der G-8-Gipfel im deutschen Heiligendamm, der am heutigen Mittwoch beginnt, steht unter keinem guten Stern. Nicht nur, dass mit weiteren Ausschreitungen radikaler Globalisierungsgegner zu rechnen ist. Der Streit um den Raketenschild, den die USA in Polen und Tschechien errichten wollen, droht den Gipfel, der sich eigentlich mit der Erderwärmung auseinander setzen wollte, zu überlagern. Russlands Präsident Wladimir Putin gab sich zuletzt als militanter Gegner des Projekts zu erkennen, alle Versuche der USA, Moskau zu beruhigen, sind bis jetzt gescheitert.
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Erfolg fraglich
Dass der Gipfel als großer Erfolg in die Geschichte eingeht, wird von Beobachtern auch aus anderen Gründen angezweifelt. Die Ergebnisse diverser Beratungen im Vorfeld des Treffens lassen wenig Platz für Hoffnung, auch wenn der britische Premier Tony Blair einen "historischen Durchbruch" für möglich hält. Denn das Hauptanliegen der deutschen Kanzlerin, verbindliche Klimaschutzziele unter dem Dach der UNO festzulegen, scheint derzeit nicht realisierbar.
Merkel, die den Klimaschutz zur "größten Herausforderung für die Menschheit" erklärt hat, will erreichen, dass sich die Industrieländer auf eine Halbierung des CO 2 -Ausstoßes bis zum Jahr 2050 und auf eine Begrenzung der Klimaerwärmung auf zwei Grad bis zum Jahr 2100 verpflichten. Die Vereinigten Staaten werden ihre Unterschrift nicht unter diesen ehrgeizigen Entwurf setzen. Washington hat vielmehr seinen eigenen Plan vorgelegt. Demnach sollen sich die Verhandlungen auf die 15 größten Verschmutzerländer beschränken, auch soll es keine bindenden Obergrenzen für Emissionen geben.
Wissenschaftler bezweifeln, dass sich auf diese Art der Schadstoffausstoß reduzieren lässt. Als großer Fortschritt wird in Europa gewertet, dass Bush erstmals von "globalen Zielen" spricht - eine Formulierung, die noch vor kurzem in Washington tabu war. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Bush die Pläne Merkels für falsch hält. Dazu passt, dass die Vereinigten Staaten Budgetmittel zur Erforschung der Erderwärmung jetzt drastisch reduziert haben.
Dass Merkels Ideen den Schwellenländern zu weit gehen, haben die Chinesen klar zum Ausdruck gebracht. Sie haben, so wie die USA, einen eigenen Plan präsentiert, in dem sie höflich einige Zugeständnisse machen, aber im Kern darauf hinweisen, dass man sich Klimaschutz erst einmal leisten können muss und dass man keine Beeinträchtigung des Wirtschaftswachstums zulassen werde.
"Keine Kompromisse"
Merkel hat angekündigt, dass sie auf ihrem Plan beharren, gegenüber US-Präsident George W. Bush unnachgiebig bleiben und keine "faulen Kompromisse" eingehen werde. Inwieweit sich der US-Präsident, der bereits einen Tag vor den anderen Gipfelteilnehmern in Heiligendamm ankam, davon beeindrucken lassen wird, ist offen. Auch Merkel zeigte sich skeptisch, dass es zu einem Durchbruch kommen wird. Allerdings wird interessant zu beobachten sein, inwieweit es in Heiligendamm gelingt, eine Nachfolgeregelung für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zumindestens vorzubereiten.
Scheitern dürfte ein weiteres ehrgeiziges Ziel Merkels, die Regulierung von Hedge-Fonds. Bernd Pfaffenbach, Sonderbeauftragter der Kanzlerin, meinte, es werde hier zu "keinem Durchbruch" kommen. Die Initiative zur Bändigung des Kapitalismus ist auf den Widerstand vor allem der USA und Großbritanniens gestoßen.
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