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Gipfel soll Konjunktur beleben

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Zuversichtlich gehen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner in die Verhandlungen beim heute beginnenden Europäischen Rat in Brüssel. Die Tagesordnung wird von drei Themen beherrscht: dem Wachstumspaket zur Belebung der Wirtschaft, der neuen EU-Verfassung und der Sicherung der EU-Außengrenzen.


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Normalerweise widmen sich die EU-Staats- und Regierungschefs, assistiert von den Außenministern, beim alljährlichen Frühjahrsgipfel im März vorrangig der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Aber man wolle "nicht so lange warten", da jetzt "ein leichter Aufschwung" zu verzeichnen sei. Der solle genützt werden, erläuterte gestern Bundeskanzler Schüssel vor dem Abflug nach Brüssel. Der Frühjahrsgipfel sei jedenfalls nicht in Frage gestellt.

Im Vorfeld des EU-Gipfels hatte die italienische Regierung als derzeitige Ratspräsidentschaft Kritik geerntet: Die Italiener hätten, um vor allem selbst wirtschaftlich profitieren zu können, viele Themen des Beschäftigungsgipfels vorweggenommen - und damit Irland als nachfolgendes EU-Vorsitzland verärgert.

Steuern koordinieren

Österreich sei bei den von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Wirtschaftsmaßnahmen "gut aufgestellt" und müsse diese durch nationale Ergänzungen unterstützen, unterstrich Schüssel. Das Land könne mit Investitionen im Ausmaß von 25 bis 30 Mrd. Euro rechnen, wenngleich die Projekte "nicht sofort losgeeist" werden könnten, sondern vielmehr langfristig angelegt seien. Schüssel hob etwa die Brenner- und die Donau-Achse sowie die Verbindung Danzig-Brünn- Preßburg-Wien hervor. Der Bundeskanzler unterstrich neuerlich, dass es dafür "kein frisches Geld", sondern Umschichtungen im EU-Budget geben werde. Österreich brauche außerdem eine Forschungsoffensive sowie Grenzlandprogramme. Schüssel möchte sich auch für eine stärkere Koordination der verschiedenen Steuersätze in der EU einsetzen.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ("Maastricht-Kriterien") sei in jeder Form hochzuhalten, so Schüssel. Schließlich sei das Regelwerk im Interesse der Konsumenten, "jeder spürt die positiven Effekte", verwies Schüssel etwa auf die niedrigen Zinsen und den stabilen Euro. Der Bundeskanzler erneuerte jedoch seine Kritik an der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem EU-Statistikamt Eurostat. Die Zinssenkungen der EZB hätten in der Vergangenheit - im Gefolge der Zinsenpolitik der US-amerikanischen Federal Reserve - früher, massiver und weniger häufig erfolgen müssen. Nicht verständlich sei, dass Eurostat die Auslagerung von Bundesimmobilien Maastricht-wirksam anrechne; dadurch würde das Budgetdefizit verstärkt, monierte Schüssel.

Dienstwagen, aber

kein Stimmrecht?

Was das zweite große Thema des EU-Gipfels, die neue Verfassung, betrifft, hält Österreich an der Forderung nach einem stimmberechtigten Kommissar pro Mitgliedsland fest. Nach Angaben von Außenministerin Ferrero-Waldner sind einige Länder, die sich in der Frage ursprünglich vorsichtig geäußert hatten, auf die österreichische Linie eingeschwenkt. Die Kommission müsse weiterhin effizient arbeiten, kein Land dürfe ein anderes dominieren. Für Ferrero-Waldner kommt jedenfalls nicht in Frage, dass ein Kommissar "ein großes Büro, einen Dienstwagen, aber kein Stimmrecht" hat. Auf Grund ihrer "Insistenz" werden nun in der Regierungskonferenz komplizierte Detailfragen der neuen Verfassung in Arbeitsgruppen behandelt.

In der Justiz- und Migrationsfrage wollen die EU-Chefs beim Europäischen Rat über die Einrichtung einer eigenen Agentur zum Schutz der künftigen EU-Außengrenzen sprechen. Im nö. Traiskirchen soll ein Ausbildungszentrum für den Grenzdienst eingerichtet werden. Umstritten sind dagegen EU-weite Quoten zur Regelung der Zuwanderer.