Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-il schlägt in seiner Neujahrsansprache sanfte Töne an..
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Pjöngjang/Seoul/Wien. Nordkoreas starker Mann Kim Jong-un schlug in seiner 30-minütigen Neujahrsansprache sanfte Töne gegenüber dem Nachbarn Südkorea an. Kim regte ein Gipfeltreffen auf "höchster Ebene" an, es sei der Zeitpunkt gekommen, eine "neue Geschichte in den Nord-Süd-Beziehungen" zu schreiben, sagte Kim. Abhängig von der "Stimmung zwischen beiden Ländern und den Umständen" gebe es keine Gründe, die gegen ein solches Treffen sprechen würden, sagte Kim, sitzend vor einer mit den Insignien der koreanischen Partei der Arbeit (Hammer, Sichel und Pinsel) geschmückten Holzvertäfelung. Mit diesem Angebot ist, so meinen Experten, ein Gipfeltreffen zwischen Kim Jong-un und Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye gemeint. Ein solches Treffen hat zuletzt im Jahr 2007 zwischen dem im Dezember 2011 verstorbenen Vater Kim Jong-uns, Kim Jong-il, und dem damaligen südkoreanischen Präsidenten Roh Moo-hyun (er nahm sich 2009 das Leben) gegeben.
Die beiden Koreas befinden sich seit dem Koreakrieg der Jahre 1950 bis 1953 bis heute im Kriegszustand, denn 1953 wurde zwar ein Waffenstillstandsabkommen, aber kein Friedensvertrag unterzeichnet.
Pjöngjang werde "jede Anstrengung unternehmen, um Dialog und Verhandlungen voranzubringen", sagte Kim, die Teilung Koreas müsse überwunden werden. Die positiven Signale sind eine Antwort auf ein Gesprächsangebot Südkoreas vom Montag, bei dem Wiedervereinigungsminister Ryoo Kuhl-jae für Jänner neue Gespräche mit der kommunistischen Staatsführung in Pjöngjang vorgeschlagen hatte. Dabei solle insbesondere über Treffen von durch den Krieg getrennten Familien gesprochen werden.
Das südkoreanische Wiedervereinigungsministerium reagierte positiv auf Kims Vorschlag: Wenn Nordkorea wirklich bereit sei, die Beziehungen durch Dialog zu verbessern, dann solle es "schnell" auf das Gesprächsangebot aus dem Süden reagieren, hieß es in einer Erklärung. Doch derartige Signale bei der traditionellen Neujahrsansprache des nordkoreanischen Machthabers sind nichts Neues und Kim Jong-un unterstrich in seiner Rede auch, dass Pjöngjang sowohl an seinem Atomprogramm als auch an seiner Doktrin der militärischen Stärke festhalten wolle. Und Kim stellte auch einige Bedingungen, die Nordkorea immer wieder vorbringt: Einerseits verlangt der Norden, dass Südkorea die jährlich stattfindenden, groß angelegten gemeinsam mit den USA abgehaltenen Manöver einstellt: "In der gespannten Atmosphäre solcher kriegsvorbereitenden Manöver können sich die Beziehungen zwischen Nord und Süd nicht weiterentwickeln", sagte Kim in seiner Fernsehabsprache. Eine weitere Forderung lautete, kritische Berichterstattung gegenüber Nordkorea in südkoreanischen Medien zu unterbinden und Kritiker Pjöngjang mundtot zu machen. Seoul weist diese Forderungen des Nordens üblicherweise kategorisch zurück.
Dialogbereitschaft auch im Südkorea
Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye beschwor in ihrer Neujahrsansprache ebenfalls ein Ende von "70 Jahren Teilung und Konflikt" - eine Anspielung auf den 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs und der darauf folgenden Teilung der koreanischen Halbinsel. Park betonte, sie sei zu einem Gipfelgespräch mit Kim Jong-un bereit, verwies aber ihrerseits auf die Bedingungen Südkoreas für ein solches Treffen: Nordkorea müsse Schritte setzen, das Atomprogramm zurückzufahren. Zuletzt gab es in Expertenkreisen in Südkorea die auf neue Satellitenaufnahmen gestützte Sorge, dass Nordkorea die Arbeit in einer Nuklearanlage nördlich von Pjöngjang wieder aufgenommen hat und am Bau neuer Atombomben arbeitet.
Den Vereinigten Staaten warf Kim Jong-un vor, eine "böse" Menschenrechtskampagne gegen Nordkorea zu führen. Kurz vor Weihnachten hatte der UNO-Sicherheitsrat erstmals über Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea beraten. Die USA und andere westliche Staaten sprachen sich dafür aus, Pjöngjang deswegen vor den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag zu bringen. Die nordkoreanische Führung war über die Veröffentlichung eines von einer UN-Kommission veröffentlichten schockierenden Berichts über die Menschenrechtslage in Nordkorea empört und hatte im Frühling alles versucht, um eine Veröffentlichung des Dokuments zu vereiteln.
Zuletzt waren die Beziehungen zwischen Nordkorea und dem Westen aufgrund eines bizarren Streits um die Veröffentlichung einer Nordkorea-Filmsatire mit dem Titel "The Interview" zusätzlich angespannt. Die Produktionsfirma des Films, Sony Pictures, hatte den für den ersten Weihnachtsfeiertag geplanten Kinostart des Films in den USA auf Beteiben der großen Kinoketten zunächst abgesagt, nachdem eine Hackergruppe vertrauliche Informationen veröffentlicht und für den Fall des Filmstarts mit einem "zweiten 11. September" gedroht hatte. Die US-Bundespolizei FBI und US-Präsident Barack Obama machten Nordkorea für die Hacker-Angriffe verantwortlich, wenngleich auch immer mehr Zweifel an einer nordkoreanischen Urheberschaft des Angriffes laut geworden sind. Nicht zuletzt auf Druck des US-Präsidenten lief der Film vor einer Woche dann doch an. Kim Jong-un reagierte darauf mit neuen Drohungen gegen die USA und beleidigte Obama rassistisch.