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Osama bin Laden wurde vor einem Jahr von US-Elitesoldaten erschossen, und auf Ground Zero wurde ein Denkmal errichtet; jetzt soll mit der Verurteilung der "Guantanamo Five" der endgültige Schlusspunkt unter die Anschläge 9/11 gesetzt werden. Diesen Samstag beginnt der Prozess gegen jene fünf Männer, die als Hauptverantwortliche für den Tod von knapp 3000 Menschen gelten. Medien sprechen jetzt schon vom Terrorprozess des Jahrhunderts.
Vor dem Militärrichter steht: Khalid Sheik Mohammed. Er war die Nummer drei der Al-Kaida, gilt als Drahtzieher der Anschläge und ist voll geständig. Er sieht sich als Wortführer der fünf Angeklagten und wird den Prozess wohl als Bühne für dramatische Auftritte nutzen. Mohammed gilt als abgebrüht und ist nach eigener Auffassung durch nichts mehr zu beeindrucken. Laut internen CIA-Dokumenten wurde er 183 Mal der Foltermethode "Waterboarding" unterzogen.
Ebenfalls vor dem Richter steht der Jemenit Ramzi Binalshibh, der in Hamburg zusammen mit Mohammed Atta, dem Todespiloten vom 11. September, wohnte. Er war einer der engsten Vertrauten Attas. Ali Abd al-Aziz Ali soll die Attentäter mit Geld versorgt haben, Gleiches gilt für Mustafa Ahmad al-Hawsawi. Wallid bin Attash schließlich stand in direktem Kontakt zu den Attentätern, außerdem soll er den Anschlag auf das Kriegsschiff "USS Cole" im Jahr 2000 geplant haben.
Allen fünf Angeklagten droht die Todesstrafe - das scheint in einem Land wie den USA, wo die Bevölkerung durch 9/11 ein kollektives Trauma erlitten hat, der einzig mögliche Prozessausgang. Wobei die "Gitmo Five" bereits einmal zur Anklageerhebung vor Gericht gestanden sind. Das war 2008, damals unter US-Präsident George W. Bush. Zur Hauptverhandlung kam es aber nicht, weil 2009 der Demokrat Barack Obama ins Weiße Haus einzog - mit der Absicht, das Gefangenenlager Guantanamo Bay zu schließen und Terrorverdächtigen den Prozess vor Zivilgerichten auf US-Boden zu machen.
Mit diesem Vorhaben ist Obama spektakulär gescheitert - und zwar kam der Widerstand aus dem eigenen Land. Dass der Prozess jetzt stattfindet, ist eine herbe Niederlage für den amtierenden Präsidenten, der einen klaren Schlussstrich unter die Folterpraxis und Sondergerichtsbarkeit seines Amtsvorgängers ziehen wollte. Dem Wahlkämpfer Obama wird der Terrorprozess aber nicht schaden. Nur eine Minderheit in den USA ist der Meinung, dass für die "Gitmo Five" die gleichen rechtsstaatlichen Grundsätze gelten sollten wie für "Normalverbrecher". Die Hauptverhandlung wird für 2013 erwartet, auch ein Schnellverfahren ist möglich.