Zum Hauptinhalt springen

Glamour, Intrige und Geld: Herberstein als Stein gewordener Pilcher-Roman

Von Bernhard Baumgartner

Analysen

Einen Tiergarten zu führen hat einen Vorteil und einen Nachteil. Der Vorteil: Geld für die Tiere aufzutreiben, etwa um die Armen durch den kalten Winter zu bringen, ist in einem Land, wo Tiere manchen mehr als Kinder zählen, leicht. Der Nachteil: Ein Tiergarten kann zu einem Fass ohne Boden werden, weil die putzigen Tiger auch dann fressen wollen, wenn gerade weniger Besucher kommen. | Wenn man dann, wie im Falle Herberstein, auch noch ein altes Schloss erhalten (und renovieren) muss, wird - wie sich jeder Häuslbauer lebhaft vorstellen kann - das Geld bald knapp. Was liegt dann näher, als mit den armen Tieren im Schlepptau um Geld bitten zu gehen? Am besten bei Leuten, die immer eines haben, etwa die befreundete Landeshauptfrau.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Tatsächlich war es abenteuerlich, was im Prozess rund um die Vorgänge um die Vergabe von Subventionen für Herberstein auftauchte. Da wurden laut Urteil fröhlich Rechnungen zur Erlangung von Landesförderungen umgeschrieben, andererseits sollen Abgaben hinterzogen worden sein. Für Aufsehen sorgte etwa die Zuwendung von einer Million Euro Steuergeld, die Landeshauptfrau Waltraud Klasnic gewährte, während die zuständige Landesrätin gerade auf Urlaub war. Dass es andererseits offenbar üblich war, Eintrittskarten mehrfach zu verkaufen, erschüttert da kaum mehr.

Immerhin zog der Skandal weiter Kreise bis in das höchste steirische Establishment und illustrierte schön, wie feudal es in manchen Bundesländern scheinbar immer noch zugeht. Wenn Subventionen in Millionenhöhe gleichsam als Gnadengeschenk für bei Hofe gut zu Gesicht stehende Untertanen gewährt werden, ist der Begriff "Landeskaiser" eine völlig gerechtfertigte Bezeichnung.

Dass Waltraud Klasnic die Causa Herberstein im Landtagswahlkampf 2005 zum Mühlstein um den Hals wurde, und die Steiermark seit 2006 wohl auch infolge dieses Skandals von der SPÖ regiert wird, mag von manchem Beobachter als gerecht empfunden werden. Übrigens wurde Herberstein auch von der neuen Landesregierung bereits wieder unterstützt.

Dass sich durch die nun gefällten Schuldsprüche ernsthaft etwas an dem System an Abhängigkeiten in den Ländern geändert hat, darf jedoch bezweifelt werden. Im schlechtesten Fall war der Fall Herberstein eine Warnung nach dem Motto, sich beim nächsten Mal nicht erwischen zu lassen.

Dass die Causa Herberstein auch abseits der Finanzen für medialen Stoff sorgte, sei nur am Rande erwähnt. Aufstieg und Fall, Heirat und Rosenkrieg und der Streit mit dem Gutsverwalter, durch den der Stein erst ins Rollen kam, passen eben gut ins Klischee einer ehemaligen Adelsfamilie. Zumal eine, in deren Licht sich das Establishment gerne sonnte. Auch als sich diese das eigentlich nicht mehr leisten konnte.

analyse@wienerzeitung.at