Wie kann es sein, dass Leute, die mit beiden Beinen im Leben stehen und viel Geld verdient haben, plötzlich jede Vernunft über Bord werfen und sich (respektive ihr Vermögen) einem dubiosen Guru anvertrauen, der aberwitzige Renditen verspricht? - Die erste Folge des ARD-Zweiteilers "Gier" am Mittwoch zeigte anschaulich, wie solche Phänomene entstehen und sich seuchenartig ausbreiten. Der scheinbar stinkreiche Finanzjongleur Dieter Glanz (Ulrich Tukur) gilt als genialer Geldvermehrer, dem Reiche ihr Geld förmlich aufdrängen. Er verspricht ihnen frech "Faktor 5" oder sogar "Faktor 13" - also das Fünf- oder gar Dreizehnfache des Einsatzes. Und alle wollen das Unglaubliche glauben.
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Verschärft wird die mit vielen bekannten Darstellern gespickte Geschichte durch den kleinen Immobilienmakler Andi, der Glanz grenzenlos bewundert. Um im Rennen um "Faktor 5" dabei zu sein, borgt er sich von Familie, Freunden und Kollegen das nötige Mindestkapital von 1,5 Millionen Euro. Doch der Geldsegen bleibt aus; Glanz erfindet immer neue Ausreden. Andis Familie steht vor dem sozialen Ruin, Glanz setzt sich nach Südafrika ab - und erst jetzt kommen die Behörden langsam auf Trab. Das zu erwartende bittere Ende nimmt heute in Folge zwei (20.15, ARD) seinen Lauf.
"Gier"-Autor und Regisseur Dieter Wedel schilderte in der "Hart aber fair"-Diskussion direkt nach dem Film auf ARD sein persönliches Gier-Erlebnis, bei dem ihm ein echter Glanz im Zusammenspiel mit einer Schweizer Bank viel Geld abgeknöpft haben soll. Noch während der Sendung musste Moderator Frank Plasberg eine Gegendarstellung samt Anzeige gegen Wedel verlesen. Die Realität ist halt oft noch schlimmer als alle Filmdrehbücher.