)
Negative Realzinsen und die globale Schuldenkrise treiben den Goldpreis nach oben.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien.

Ronald Stöferle, "Goldjunge" der Erste Bank, sieht weiterhin glänzende Aussichten für Gold. Seit sechs Jahren präsentiert Stöferle bereits seinen "Spezialreport Gold". Wurden Goldbugs wie er anfangs ein wenig belächelt, so hat sich das seither grundlegend geändert. "Wer hätte sich vorstellen können, dass über Hyper-Inflation gesprochen oder offen über den Austritt eines Euro-Mitgliedslandes aus dem Währungsverbund diskutiert wird? In einer Welt, die von Volatilität und Unsicherheit geprägt ist, hat Gold definitiv seinen Platz", sagt Stöferle.
Auch wenn der Goldexperte einräumen muss, dass er mit seiner Prognose von 2000 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) falsch gelegen ist, so kann er sich damit trösten, dass sich der Goldpreis seit der Veröffentlichung des letzten Goldreports nach oben bewegt hat: und zwar um 26 Prozent (Euro) beziehungsweise um 6 Prozent (Dollar). Seit Jahresbeginn ist der Goldpreis um 8,2 Prozent (Euro) beziehungsweise 2,4 Prozent (Dollar) gestiegen.
Aufgrund des Trends hält der Goldexperte der Erste Bank sein Kursziel von 2000 US-Dollar pro Feinunze aufrecht, ebenso wie sein Langfrist-Kursziel von 2300 US-Dollar. Derzeit hält der Goldpreis übrigens bei 1590 Dollar je Feinunze.
Doch worauf stützt Stöferle seine These vom mittelfristig weiter steigenden Goldpreis?
Negative Realzinsen würden den Goldpreis beflügeln. Im Tresor schlummerndes Gold wirft bekanntlich keine Zinsen ab, sondern ist als Wertsicherungsinstrument zu sehen. Die Federal Reserve will die Nullzinspolitik bis zumindest Ende 2014 fortsetzen, und auch die EZB in Frankfurt hat zuletzt die Leitzinsen gesenkt, somit sei davon auszugehen, dass das Zinsniveau noch längere Zeit niedrig bleiben werde. "Als der Fed-Vorsitzende Paul Volcker Anfang der 1980er die Zinsen massiv angehoben hat, waren die folgenden zwei Dekaden eine Katastrophe für Gold. Heute gibt es kaum Spielraum für steigende Zinsen, was gute Aussichten für das Edelmetall bietet", so Stöferle.
"Liebeskauf" in Asien

Die Ausweitung der Notenbank-Bilanzen und der Basisgeldmenge würde den Goldpreis ebenfalls stützen. Die Basisgeldmenge der EZB und der Federal Reserve ist von 1600 Milliarden Dollar im Jahr 2002 auf aktuell 6600 Dollar gestiegen. Der Goldbestand wächst hingegen nur um 1,5 Prozent im Jahr - wer sichere Wertanlagen schätze, sei mit Gold gut bedient, meint Stöferle.
Doch der Goldpreis sei längst nicht mehr nur von einem "Fear Trade" - also vom Angstkauf von Gold - getrieben, sondern von einem "Love Trade", also "Leidenschaftskäufen". Es sei nämlich zunehmend die Goldaffinität Chinas und Indiens, welche die weltweite Nachfrage antreibe.
Während 1980 Europa und die USA noch 70 Prozent des weltweit gehandelten Goldes nachgefragt haben, sind es mittlerweile nur noch knapp 20 Prozent. "Innerhalb der vergangenen fünf Jahre stieg der Anteil der Emerging Markets an der gesamten Goldnachfrage auf 70 Prozent, wobei mehr als die Hälfte auf China und Indien entfallen ist", heißt es im Gold-Spezialreport der Ersten. Steigende Einkommen in Asien würden dafür sorgen, dass diese Entwicklung weitergeht.
Dass die Zentralbanken in den vergangenen Jahren vermehrt als Käufer von Gold am Markt aufgetreten sind, hat wohl ebenfalls den Goldpreis gestützt. Laut einer Umfrage unter 54 Zentralbankern, die für Portfolios im Wert von 6000 Milliarden Dollar verantwortlich sind, sagten 71 Prozent der Befragten, dass Gold im Zuge der Eurokrise attraktiver geworden sei.
Auch Goldminenaktien hält Stöferle zum jetzigen Zeitpunkt für ein interessantes Investment, denn diese befänden sich derzeit auf einem "attraktiven Bewertungsniveau".
Stöferle rät Investoren, zumindest 5 bis 10 Prozent des Portfolios in Gold zu halten. Das Edelmetall erfülle alle Anforderungen an "save haven assets". Derzeit vielleicht am wichtigsten: Es gibt kein "counterparty risk", also kein Risiko, dass die Firma, deren Anleihen oder Aktien man besitzt, in Konkurs geht oder man einen "haircut", etwa bei Staatsanleihen, hinnehmen muss. Stöferles Philosophie: "Gold als Währung sehen, nicht als Rohstoff."