Vor allem der Absatzboom in China treibt die Branche an. | Auch Japaner und Franzosen legen zu. | Zulieferer wieder auf Vorkrisenniveau. | Wolfsburg. Auch wenn der Heimmarkt nach wie vor schwächelt - die deutsche Autoindustrie fährt rasanter als gedacht aus ihrer größten Krise, weil das Geschäft auf den Exportmärkten - vor allem in China und den USA - boomt wie nie zuvor.
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Nachdem bereits die BMW-Gruppe vor wenigen Tagen eine weltweite Absatzsteigerung um mehr als 13 Prozent gemeldet und auch Daimler glänzende Zahlen vorgelegt und schon zum zweiten Mal in diesem Jahr die Gewinnprognose nach oben korrigiert hatte, zog nun der Volkswagenkonzern nach.
Europas größter Automobilhersteller hat im ersten Halbjahr nach Steuern 1,8 Milliarden Euro verdient - mehr als dreimal so viel wie im Vorjahrsvergleichszeitraum, als unter dem Strich nur 500 Millionen geblieben waren.
Selbst Konzernchef Martin Winterkorn schien überrascht. "Das Ergebnis des ersten Halbjahrs hat unsere Erwartungen deutlich übertroffen", sagte er. Vor allem dank der anziehenden Nachfrage in China, Brasilien und den USA hatte der Konzern von Jänner bis Juni 16 Prozent mehr Fahrzeuge seiner zehn Marken verkauft - das sind insgesamt 3,6 Millionen Stück.
Nach den sehr schwachen Vorjahreszahlen - die Kunden hatten gerade zu Beginn des Krisenjahres 2009 Autokäufe gemieden - stieg auch der Umsatz von Jänner bis Juni 2010 rasant - um mehr als ein Fünftel auf 61,8 Milliarden Euro.
Das operative Ergebnis erreichte 2,8 Milliarden Euro und hat sich damit binnen Jahresfrist mehr als verdoppelt. Und: Mehr als 800 Millionen operativer Gewinn aus den hochprofitablen chinesischen Joint-Ventures sind da noch gar nicht enthalten. Im Vorjahr hatten die chinesischen Beteiligungen erst 294 Millionen Euro eingespielt.
VW betrachtet China als zweiten Heimmarkt und ist im derzeit am dynamischsten wachsenden Automarkt der Welt Marktführer.
Die Marke Audi als Ertragsperle
VW profitierte auch von günstigen Wechselkursen. Weil der Euro wegen der Schuldenkrise einiger europäischer Staaten derzeit im Vergleich zum US-Dollar schwächelt, können europäische Unternehmen ihre Waren billiger in die USA exportieren.
Ertragsperle im VW-Konzern war neuerlich die Ingolstädter Tochter Audi. Sie steigerte ihr operatives Ergebnis um mehr als 60 Prozent auf den Rekord 1,3 Milliarden Euro. "Wir sind positiv überrascht, wie wir ins Jahr 2010 gestartet sind. Wir haben das Ergebnis im ersten Halbjahr sehr deutlich übertroffen", sagte Vorstandschef Rupert Stadler bei einer Autopräsentation in München. Der Umsatz stieg um 21 Prozent auf 17,6 Milliarden Euro.
Stadler ist sicher, dass man heuer deutlich mehr als eine Millionen Autos absetzen und damit den Verkaufsrekord des Jahres 2008 in den Schatten stellen wird.
Audi will die Angebotspalette in den nächsten fünf Jahren von derzeit 35 auf 42 Modelle ausweiten, 2015 sollen weltweit mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge verkauft werden.
Auch von französischen und asiatischen Autobauern und den großen Zulieferern kommen dieser Tage hervorragende Halbjahreszahlen. Dank des Verkaufsbooms in China und den USA hat etwa der japanische Autohersteller Honda sein bestes Quartalsergebnis seit zweieinhalb Jahren erzielt und seine Prognose für das Gesamtjahr erhöht. Der operative Gewinn belief sich im ersten Geschäftsquartal auf umgerechnet mehr als 2 Milliarden Euro - fast das Zehnfache des Vorjahres.
Renault und Nissan laufen gut
Auch bei anderen asiatischen Autobauern läuft der Motor derzeit rund: Der heimische Rivale Nissan und Hyundai aus Korea konnten ebenfalls vom guten Geschäft in China profitieren und erzielten erfreuliche Quartalsergebnisse.
Der französische Autohersteller Renault hat seinen Umsatz in der ersten Jahreshälfte um fast ein Viertel auf rund 19,7 Milliarden Euro gesteigert. Der operative Gewinn vor Sonderposten belief sich auf 780 Millionen Euro, so Renault am Freitag. Am Vortag hatte die japanische Renault-Tochter Nissan Zahlen vorgelegt: Dank florierender Geschäfte vor allem in China konnte Nissan seinen Betriebsgewinn verzehnfachen und erzielte mit umgerechnet knapp 1,5 Milliarden Euro sein bestes Quartalsergebnis seit mehr als zwei Jahren.
Auch der deutsche Autozulieferer Continental profitiert von der weltweit anziehenden Autokonjunktur und hat im ersten Halbjahr mit einem operativen Ergebnis von mehr als einer Milliarde Euro wieder das Vorkrisenniveau von 2008 erreicht. Unter dem Strich verbuchte Conti einen Gewinn von knapp 349 Millionen Euro - im ersten Halbjahr 2009 stand noch ein Verlust von 457 Millionen Euro in der Bilanz.