Mit dem zentralen Kontenregister trägt Regierung Bankgeheimnis zu Grabe.
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Wien. Das Bankgeheimnis ist, ähnlich wie die Neutralität, so etwas wie eine heilige Kuh in Österreich. Auch gegenüber der EU hat man sich bis zuletzt gegen den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen gewehrt. Jetzt wird diese heilige Kuh aber geschlachtet. Am Montag hat die Bundesregierung jenen Teil der Steuerreform in Begutachtung geschickt, der unter anderem die Aufweichung des Bankgeheimnisses enthält.
Die Bundesregierung will etwa ein Fünftel der fünf Milliarden Euro schweren Tarifreform mittels Betrugsbekämpfung stemmen. Dazu gehört auch die Einführung eines zentralen Kontenregisters - für Unternehmen und Privatpersonen. Darin erfasst werden alle Konten, Sparbücher, Bankdepots und Bausparer. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft fordert das seit Jahren. Künftig könnten die Behörden über dieses Register einsehen, wer welche Konten in Österreich hält, nicht aber unbedingt, wie viel Geld auf diesem Konto liegt. Die Zuordnung erfolgt über die Steuernummer.
Der Gesetzesentwurf sieht zudem vor, dass Finanzbehörden künftig auf Konten zugreifen können, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass Steuern hinterzogen oder Konten verheimlicht werden. Früher war ein richterlicher Beschluss dafür notwendig. Geht es nach den Plänen der Bundesregierung, soll in Zukunft ein begründeter Verdacht ausreichen. Außerdem sollen Banken rückwirkend ab dem 1. März 2015 Kapitalflüsse ab 50.000 Euro melden. Der erwartete Nutzen: ein dreistelliger Millionenbetrag in den ersten Jahren der Einführung.
Widerstand in der Branche
Während die Bundesregierung hier einen großen Wurf gegen die Steuerhinterziehung ortet, prophezeien Gegner eine Aushöhlung der Privatsphäre und zusätzliche administrative Belastungen für Unternehmen und vor allem für die Banken. "Hier wird ein sehr bedenklicher Schritt hin zum ‚gläsernen Bürger‘ gesetzt. Es kann nicht sein, dass jeder Abgabenprüfer nach eigenem Ermessen in das zentrale Kontenregister Einsicht nehmen kann", schreibt der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer, in einer Aussendung.
Auch bei der Bank Austria ist man noch skeptisch. "Das Bankgeheimnis hatte nie den Zweck, Steuersünder zu schützen, sondern die finanzielle Privatsphäre zu wahren. Kontoöffnungen waren ja auch bisher möglich, allerdings nur auf richterliche Anordnung. Unabhängig davon ist festzuhalten, dass die heimische Gesetzgebung damit einer klaren gesellschaftspolitischen Forderung folgt, die ganz Europa teilt", so Bank-Austria-Chef Willibald Cernko auf Anfrage. Die Wirtschaftskammer befürchtet nun Kosten von über 40 Millionen Euro für die Branche.
Karl Aiginger vom Wirtschaftsforschungsinstitut verteidigt die Reform. "Man muss keine Angst haben, dass der Nachbar jetzt weiß, wie viel Geld man hat", sagt er zur "Wiener Zeitung". Die Maßnahme sei hilfreich bei der Betrugsbekämpfung, denn die bisher geltenden Regeln seien nicht zielführend. Bei Einzahlungen über 20.000 Euro müssen die Institute derzeit lediglich nachfragen, woher das Geld kommt.
Grüne fordern Transparenz
Passiert der Gesetzesentwurf die Begutachtungsphase, muss er auch vom Parlament abgesegnet werden. Und hier braucht die Regierung eine Zwei-Drittel-Mehrheit, also die Zustimmung von FPÖ oder den Grünen. Von der FPÖ ist eher nicht mit Unterstützung zu rechnen. Sie ortet einen "Tabubruch" und eine "Aushöhlung der Privatsphäre". Und die Grünen, die die Aufweichung grundsätzlich begrüßen, wollen nur zustimmen, wenn es etwa einen Rechtsschutzbeauftragten gibt, der darüber wacht, wann, wieso und von wem auf welche Konten zugegriffen wird. Außerdem sollen die Bürger über alle Zugriffe informiert werden.