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Glaubwürdigkeit im Sinkflug

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

Warschau - Polens Regierung steht vor einem handfesten Bestechungsskandal: Der Warschauer Chefankläger Zbininiev Jaskulski hat Untersuchungen gegen einen engen Mitarbeiter des früheren Gesundheitsministers Mariusz Lapinski eingeleitet, der von einem nicht näher genannten Pharma-Konzern bestochen worden sein soll. Dabei ging es angeblich um mehrere Millionen Dollar.


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Aufgebracht hat die Affäre die polnischen Tageszeitung "Rzeczpospolita". Der Beschuldigte soll dazu "überredet" worden sein, ein Medikament des Konzerns auf die Liste derjenigen Arzneimittel zu setzen, die von der Krankenkasse bezahlt werden. Es sei darum gegangen, den Absatz des Präparats auf diese Weise zu steigern, schreibt die "Rzeczpospolita".

Die Untersuchung kommt jedenfalls zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Experten sind der Ansicht, dass die Regierung Leszek Miller kurz vor dem Referendum zum EU-Beitritt am 7/8. Juni dadurch weiter geschwächt werden könnte.

Auch die Brüsseler Kommission dürfte von den neuen Anschuldigungen wenig begeistert sein: Hat sie doch Polen mehrfach dazu aufgefordert, größere Anstrengungen hinsichtlich der Bekämpfung der Korruption noch vor dem Beitritt am 1.Mai 2004 zu unternehmen.

"Das unter der Bevölkerung weit verbreitete Bild einer durch und durch bestechlichen polnischen Elite wird jetzt bestärkt", ist sich der polnische Politologe Andrzej Rychard über mögliche "unerwünschte Nebenwirkungen" im klaren. Bereits jetzt untersucht ein parlamentarischer Ausschuss einen anderen Betrugsfall, in den die Linkspartei des polnischen Premier ebenfalls involviert sein soll. Die Popularität der polnischen Regierung befindet sich derzeit jedenfalls im Sinkflug: Gerade zehn Prozent der Polen bekennen sich noch zu Millers Kabinett.