Gleichstellung von Mann und Frau wirtschaftlich erforderlich. | Staatssekretärin Marek für Fokus auf Kinderbetreuung. | Brüssel. Frauen sind in der EU gegenüber Männern weiterhin benachteiligt. Ihre Beschäftigungsquote ist weit niedriger, sie verdienen weniger und sind mehr von Armut bedroht. Neben dem Prinzip der Gleichstellung aller Menschen, dem die EU plakativ das Jahr 2007 widmet, ist die vermehrte Einbindung von Frauen und älteren Menschen in den Arbeitsmarkt eine schiere wirtschaftliche Notwendigkeit. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht der EU-Kommission, über den die Sozialminister der Union gestern, Donnerstag, beraten haben.
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Und die Problemstellung ist vielschichtig. Einerseits müsse die EU das Potential der Frauen für die europäische Wirtschaft nutzen, hieß es. Andererseits droht der demographische Wandel - immer weniger Kinder, immer mehr Pensionisten - die EU in die Knie zu zwingen. In den nächsten Jahrzehnten würden bis zu 50 Millionen Arbeitskräfte in der Union fehlen, warnte die deutsche Familienministerin Ursula von der Leyen. Im selben Zeitraum werde sich der Anteil der über 80-Jährigen verdreifachen. Die Geburtenrate in Europa betrage gegenwärtig lediglich 1,5 Kinder pro Paar. Dabei wünschten sich 50 Prozent der Europäer laut einer Eurobarometer-Umfrage zwei Kinder. Und Frauen würden als qualifizierte Fachkräfte bald "Hände ringend gesucht", prognostizierte die österreichische Staatssekretärin Christine Marek.
Kluft bei Einkommen
Die Kommission zeichnet derzeit jedoch ein düsteres Bild: Während in der EU 2005 durchschnittlich 56,3 Prozent der Frauen in einem Arbeitsverhältnis standen, waren es bei den Männern 71,3 Prozent. 32,9 Prozent der Frauen hatten lediglich einen Teilzeitjob gegenüber 7,7 Prozent bei den Männern. Haben 25- bis 49-jährige Frauen Kinder, geht ihre Beschäftigungsquote in dieser Zeit sogar noch um knapp 15 Prozent zurück, während sie bei Männern ansteigt. Frauen verdienen darüber hinaus im EU-Schnitt noch immer 15 Prozent weniger als Männer, in Österreich sind es gar 18 Prozent. Sie haben ein deutlich höheres Armutsrisiko als Männer.
Zwar hat die EU beim Arbeitsmarkt keine Kompetenzen. Um die Situation dennoch in den Griff zu bekommen, wollen die Sozialminister einen "Pakt für Familien" schließen. Marek plädierte für innovative Kinderbetreuungskonzepte in Österreich. Sie könne sich etwa Steuerfreibeträge für Sonderzahlungen der Unternehmen an ihre Arbeitnehmer für Kinderbetreuung vorstellen. Dafür sollen für die Steuerreform 2010 konkrete Vorschläge ausgearbeitet werden. Denn heute gehe das nur über die "Hintertür" von Betriebsratsfonds oder direkte Betriebskindergärten. Dabei seien die Zeiten vor dem Kindergarten und die Schulzeit danach die "eigentlichen Baustellen". Die Steuerbefreiungen sollten daher Zahlungen für das "jeweils geeignetste" Betreuungsmodell, etwa Tagesmütter, betreffen.