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Auf der Sizilien vorgelagerten Insel Lampedusa befinden sich derzeit 144 Flüchtlinge. Eine Vielzahl davon ist in den vergangenen Jahren auf offenem Meer ertrunken - teilweise wird mit Schlauchbooten versucht, den Wohlstandstraum Europa zu erreichen. Diese Insel besuchte also Papst Franziskus, und dort warnte er vor der "Globalisierung der Gleichgültigkeit". Nun könnte man berechtigt einwenden, dass die katholische Kirche mehr ihrer irdischen Güter dafür einsetzen könnte, um diesen Flüchtlingen zu helfen. Beten allein macht nicht satt.
Trotzdem ist der Besuch des Papstes ein Symbol und seine Kritik an der Gleichgültigkeit der meisten europäischen Wohlstandsbürger (und der von ihnen gewählten Politiker) berechtigt.
Es wird sich an den Auswirkungen des Papst-Besuches zeigen, wie berechtigt.
Das institutionelle Europa könnte sich auf den Standpunkt zurückziehen, dass es - nach 15-jährigen Verhandlungen - mittlerweile gemeinsame Mindeststandards für Asylwerber gibt.
Das hieße allerdings die Gleichgültigkeit auf die Spitze treiben - und dem Papst recht zu geben. Faktum ist, dass die kontinentaleuropäischen Innenminister ihren EU-Kollegen auf Inseln (wie Zypern, Malta, Griechenland) nicht entgegengekommen sind. Die müssen mit den Bootsflüchtlingen weiterhin alleine zurechtkommen - oft unter Bedingungen, die mit Menschenwürde und Menschenrechten nichts zu tun haben.
Der nächste Aspekt ist, dass Asylwerber und Flüchtlinge auch von offizieller Politik verbal gerne in die Nähe von Gesetzesbrechern gerückt werden. Verzweiflung und die Suche nach einem besseren Leben als Verbrechen zu stigmatisieren, erleichtert die vom Papst gegeißelte Gleichgültigkeit ungemein...
Nun ist das Oberhaupt der katholische Kirche nicht die Moralinstanz für die ganze Welt, doch seine Worte sollten doch vor allem in den christlichen Parteien in Europa auf fruchtbaren Boden fallen. Die - aber auch alle anderen in Regierungen und Parlamenten vertretenen Parteien - sollten sich fragen, ob ihre Definition von Solidarität noch stimmt.
Die Nettozahlerländer Europas retten solidarisch Banken in Südeuropa. Fein. Ein Bruchteil dieser Summe könnte wenigstens menschenwürdige Flüchtlings-Auffanglager in diesen Ländern finanzieren. Und das kann - beziehungsweise sollte - eigentlich niemand gleichgültig lassen.