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Spannungsfelder der internationalen Konzernbesteuerung.
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Der digitalisierten, globalen Wirtschaft angepasst und gleichzeitig fair und gerecht - diesen Anforderungen sollten Steuerregeln für Konzerne entsprechen. OECD und G20 - genauer: das Inclusive Framework aus 137 Staaten - arbeiten seit einiger Zeit an der Neugestaltung der internationalen Konzernbesteuerungsregeln. Die OECD folgt damit dem weltweiten Ruf nach neuen globalen Besteuerungsregeln für grenzüberschreitend tätige Unternehmen.
Zur Diskussion steht das sogenannte Zwei-Säulen-Modell: Säule eins thematisiert die Neugestaltung der Gewinnzuteilungsregeln, Säule zwei die Einführung eines globalen Mindeststeuersatzes. Es sieht eine grundlegend neue Aufteilung von Besteuerungsrechten vor und ist eine Absage an eine reine Digitalsteuer und das Modell einer "digitalen Betriebsstätte". Das ist aus Sicht der Wirtschaftskammer ein unumgänglicher Schritt, denn die Alternative zum konzertierten Modell wäre ein neuer - unseren exportorientierten Betrieben unzumutbarer - Fleckerlteppich nationaler Steuersysteme zum Schutz vor global agierenden Online-Giganten.
Steuerpflicht dort, wo die Konsumenten sitzen
Zu den kürzlich veröffentlichten "Blueprints" der beiden Säulen hat die OECD gerade um Input aus Sicht der Wirtschaft aufgerufen. Säule eins sieht vor, dass Unternehmensgewinne nicht nur bei physischer Anwesenheit des Unternehmens besteuert werden, sondern dass Steuerpflicht dort bestehen soll, wo die Kunden sitzen (Marktstaaten). Manche sehen darin eine historisch einmalige Chance für die EU für effektive Schritte gegen Steuertricks großer Konzerne und den Steuerwettbewerb der Staaten. Das würden die von der OECD angedachten Regeln jedenfalls abdecken.
Ein Vorteil ist in Krisenzeiten augenscheinlich: Den geschwächten Staatsbudgets sind Steuermehreinnahmen durch die Umsetzung der beiden Modelle mehr als willkommen. Die OECD prognostiziert bis zu 100 Milliarden Dollar pro Jahr an globalen Mehreinnahmen bei der Körperschaftsteuer (plus 4 Prozent). Fallen Steuern dort an, wo die Kunden sitzen, schauen Europas Steueroasen öfter durch die Finger. Diese Länder sind in der OECD zwar in der Minderheit, sie einfach zu überstimmen, löst aber das Problem noch nicht. Auch anderen Staaten, deren Unternehmen und Bürgern könnte das neue System schaden.
Das kleine, exportorientierte Österreich treffen diese Pläne im Bereich der ausländischen Direktinvestitionen. Diese sind Treiber für Wachstum, neue Jobs, Innovationen und Wohlstand. Eine erhöhte Investitionstätigkeit verbessert in der Regel die Wirtschaftslage. Höhere Steuern und zu erwartende Rechtsunsicherheiten bedeuten jedoch eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen für den Standort und damit einen Rückgang der Direktinvestitionen und des Wirtschaftswachstums.
Flexibilität bei der Steuerpolitik macht resilient
Laut einer Studie des European Center for International Political Economy werden kleine, offene Volkswirtschaften unattraktiver für ausländische Direktinvestitionen. Das gilt vor allem für Investmenthubs, aber auch Österreich drohen negative Konsequenzen. Profitieren werden große Staaten wie China, Indien oder Argentinien mit den Potenzialen ihrer großen Absatzmärkte. Zudem werden sich die Steuermodelle indirekt auf Personen auswirken, die hinter den Unternehmen stehen. Jobs mit hoher Wertschöpfung, Konsumenten und Investoren werden negativ betroffen sein. Auch bestehenden Forschungsclustern der Privatwirtschaft und Bildungssystemen in Europa könnten die Neuerungen schaden.
Der Weg zu einem fairen, zukunftsweisenden Steuerregelwerk wird durch Corona nicht leichter; eines sehen wir in der Krise aber deutlich: Flexibilität bei der Steuerpolitik ist unerlässlich, um rasch und adäquat auf akute Herausforderungen reagieren zu können. Direkte finanzielle Zuwendungen und Steuerbegünstigungen sind nötig, um angeschlagenen Firmen zu helfen. Flexibilität macht resilient - diese Lehre können wir schon jetzt ziehen.
Weltweite Mindeststeuersätze werden die Flexibilität von Konzernen einschränken, daher sollte die Höhe umsichtig gewählt werden, sicher nicht nach dem Motto: je höher, desto besser. Das wäre ein Korsett, das der Wirtschaft die Luft nehmen und jede Beweglichkeit einschränken würde, die das Steuersystem braucht, um mit immer neuen Herausforderungen (aktuell etwa Rahmenbedingungen für Homeoffice) mithalten zu können. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Staaten des Inclusive Framework auf beide Modelle einigen können. Ein Alleingang der EU wäre hier kontraproduktiv und schädlich für den Standort.