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Internationale finanzielle Integration ist gut, aber die Risiken müssen durch etwas abgeschwächt werden, was man "lokalen finanziellen Inhalt" nennen könnte.
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Die zurückliegende Krise wurde durch die finanzielle Globalisierung sowohl ausgelöst als auch erst ermöglicht. Die Schocks, aus denen diese Krise entstanden ist, kamen von außen und haben durch das Austrocknen von Finanzzuflüssen die EBRD-Region erreicht. Gleichzeitig wurde durch die finanzielle Globalisierung eine Überschuldung möglich, die unsere Wirtschaftsräume gegenüber diesen Entwicklungen so anfällig machte.
Unsere wichtigste Erkenntnis ist, dass finanzielle Globalisierung sicherer gemacht werden kann, ohne die Wachstumsvorteile einzubüßen. Dazu muss gewährleistet sein, dass finanzielle Globalisierung von einer ganz bestimmten Form der finanziellen Entwicklung im Inland begleitet wird. Dabei schwebt uns eine bestimmte mikroökonomische und institutionelle Vision für den Finanzsektor vor und nicht nur das Kreditvolumen.
Internationale finanzielle Integration ist gut, aber die Risiken müssen durch etwas abgeschwächt werden, was man "lokalen finanziellen Inhalt" nennen könnte: Lokale Währung, lokale Depotzentren und lokale Kapitalmärkte. Das ist aber nichts, was einfach gesetzlich geregelt werden kann. Die Barrieren auf dem Weg zu lokaler finanzieller Entwicklung sind komplex. Sie zu entfernen, kann schwierig sein.
Eines muss betont werden: Wir bei der EBRD sagen nicht, dass lokale finanzielle Entwicklung ein Wundermittel ist. Tatsächlich kann sie sogar selbst Probleme verursachen. Die Krise entstand in dem am höchsten entwickelten Finanzbinnenmarkt der Welt. Erst danach wurde sie international übertragen.
Was ich daraus ableite, ist, dass finanzielle Entwicklung mit effektiver Regulierung Hand in Hand gehen muss. Die kritische Frage in diesem Zusammenhang ist erneut jene der Balance zwischen Risikoabschwächung und Spielraum für Wachstum. Meiner Ansicht nach ist dieses Gleichgewicht zumindest bei den neuen Kapital- und Liquiditätsstandards für Banken, die unter Basel III vorgeschlagen wurden, mehr oder weniger gegeben. Aber zu einem großen Teil nur aus der Perspektive der entwickelten Länder. Der Stand der finanziellen Entwicklung in Schwellenländern und Entwicklungsländern einiger Regionen wird nicht ausreichend berücksichtigt.
Ein Beispiel: Unter Basel III besteht die Verpflichtung, dass langfristige Verpflichtungen mit langfristigem Vermögen bedeckt werden - die sogenannte strukturelle Liquiditätsquote. Das kann zu erheblichen Problemen in Finanzsystemen führen, die einfach noch keine zuverlässigen Quellen für die langfristige Finanzierung haben. Banken in diesen Wirtschaftsräumen wären entweder gezwungen, langfristige Kreditvergaben einzuschränken, was dem Wachstum schaden würde, oder sich ausländische Quellen für die langfristige Finanzierung zu suchen. Aber das führt, wie wir gesehen haben, zu einer Verwundbarkeit nach außen hin. Deshalb bin ich froh, dass in der neuen Phase der Wiener Initiative eine Arbeitsgruppe zusammengestellt wurde, um einige der Auswirkungen von Basel III-Regulierungen auf Schwellenländer zu analysieren.
Übersetzung: Barbara Ottawa Thomas Mirow ist Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Siehe auch:Gentlemen bleiben vor Ort