Wirtschaft frohlockt, Arbeiterkammer hat massive Bedenken.
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Wien. Die geplante "GmbH light" ist auf Schiene. Am Dienstag dieser Woche wurde der entsprechende Gesetzesentwurf vom Ministerrat verabschiedet. "Ein guter Tag für die heimischen Jungunternehmer", freute sich der Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft, Markus Roth, denn endlich würden Unternehmensgründungen stark erleichtert und sinnlose Barrieren abgeschafft.
Konkret: Wer hierzulande eine GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) gründen will, benötigt 35.000 Euro Mindeststammkapital, wovon die Hälfte sofort bar eingezahlt werden muss. Ab 1. Juli soll es auch mit weniger gehen, nämlich mit 10.000 Euro Mindeststammkapital, wovon 5000 Euro real eingezahlt werden müssen. Parallel zum Stammkapital sinken die Kosten für die Mindestkörperschaftsteuer von derzeit 1750 Euro auf 500 Euro im Jahr. Außerdem werden zur Freude potenzieller Gründerinnen und Gründer diverse Nebenkosten reduziert.
Doch mit der nun umgesetzten GmbH-Reform, um die seit Jahren gerungen wird, ist nicht alles eitel Wonne, relativiert die Arbeiterkammer (AK). "Wir begrüßen die Gebührensenkung, aber nicht diese radikale Senkung des Mindeststammkapitals. Die 35.000 Euro, die bisher gelten, spielen eine wichtige Rolle als Insolvenzprophylaxe", sagt AK-Referent Helmut Gahleitner im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Je geringer das Mindestkapital, desto mehr verlagere sich das Unternehmensrisiko auf Arbeitnehmer, Konsumenten und andere Gläubiger. "Gerade die Erfahrungen aus der Rechtsvertretung der Arbeiterkammer zeigen, dass Arbeitnehmeransprüche vor allem gegenüber Arbeitgeber-GmbHs entstehen, die immer wieder als ‚Trägervehikel‘ für Sozialbetrug dienen. Die Reform wird diese Entwicklung noch begünstigen", so Gahleitner.
Er befürchtet auch, dass die "Billig-Variante" der Reputation der österreichischen GmbH schaden wird.
"Nullsummenspiel"
Die GmbH eigne sich insbesondere für wachstumsorientierte Gründer, die später auch Arbeitsplätze schaffen, sagt Junge-Wirtschaft-Chef Roth. "Viele, die geniale Geschäftsideen haben, gründen nicht, weil ihnen das Risiko zu groß ist", betont er. Auch in Hinblick auf die anderen EU-Staaten sei die Absenkung des Mindestkapitals längst überfällig gewesen: "Im EU-Durchschnitt sind es nur 8000 Euro."
Gahleitner glaubt nicht, dass es durch die "GmbH light" zu mehr Firmengründungen kommen wird, denn statt Einzelunternehmen würden eben GmbHs mit niedrigem Kapital gegründet - ein "Nullsummenspiel".
SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter steht der GmbH-Reform positiv gegenüber, fordert aber gleichzeitig Maßnahmen gegen Kapitalschwäche, da das niedrige Eigenkapital von 10.000 Euro auch Gefahren berge. Matznetter verweist auf Deutschland, wo bei der Einführung der Mini-GmbH zwei sinnvolle Maßnahmen gesetzt wurden. "Erstens gibt es dort die Anspar-Variante, wodurch der Unternehmer in der Gewinnsituation eine Rücklage bilden muss", so Matznetter. Weiters "ist die Mini-GmbH klar gekennzeichnet als solche, und es ist ersichtlich, dass sie noch keine vollwertige GmbH ist". Dies biete dem Unternehmer ebenso Schutz wie seinen Gläubigern. Man werde sich das im parlamentarischen Prozess noch genau ansehen und diskutieren.
Seminar-Tipp
Das Österreichische Produktivitäts- und Wirtschaftlichkeits-Zentrum (ÖPWZ) veranstaltet am Donnerstag, 4. Juli 2013, ein Seminar zum Thema GmbH-Reform. Referent ist David Christian Bauer, Rechtsanwalt und Partner bei DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte. Die Teilnahmegebühr beträgt 375 Euro (exkl. MwSt.).
Anmeldung unter:anmeldung@opwz.at