Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Worte hatten den Mund noch nicht verlassen, dafür die Tränen die Augen. In einer emotionalen Stellungnahme gab Andrés Iniesta am Freitag bekannt, den FC Barcelona nach 22 Jahren und unzähligen Titeln am Ende dieser Saison zu verlassen. "Für mich ist es der beste Klub der Welt, aber ich muss ehrlich mit mir sein. Ich danke dem Klub für alles, was er mir gegeben hat", erklärte der bald 34-Jährige. Seine nächste Station werde er nach der Saison bekanntgeben, dass er je in die Verlegenheit kommen könnte, gegen seinen Stammverein spielen zu müssen, hat er ausgeschlossen. Der Abschied hat sich abgezeichnet, nicht zuletzt deshalb veröffentlichte die französische Zeitung "France Football" vor wenigen Tagen ein bemerkenswertes Editorial mit dem Titel "Perdón Andrés". Konkret entschuldigte man sich für die "demokratische Anomalie", dass Iniesta nie den von der Zeitschrift vergebenen Ballon d’Or für den besten Fußballer des Jahres bekam. "Von allen Abwesenheiten auf der Siegerliste ist seine die schmerzhafteste", heißt es. Das mag ehrlich sein - offenbart aber nur die Sinnlosigkeit solcher Auszeichnungen. Torhüter und Verteidiger kommen praktisch nicht vor - der bisher letzte Nicht-Offensivspieler, der den Preis gewann, war Fabio Cannavaro 2006 -, selbst Offensivspieler haben es schwer, wie das Beispiel Iniesta zeigt. 2010 war der damalige WM-Finalheld Spaniens als Zweiter am knappsten dran; am Ende gewann doch sein Klubkollege Lionel Messi, der sich die Trophäen der vergangenen zehn Jahre brüderlich mit Cristiano Ronaldo aufteilte. Dass "France Football" Iniesta nun quasi den Rat gab, eine gute WM zu spielen, damit er vielleicht doch noch gewinnen könne, ist wohl gut gemeint, entbehrt aber nicht eines gewissen Zynismus’. Doch "France Football" kann sich trösten: Die Tränen am Freitag galten eher nicht der verpassten Chance. Wer goldene Füße hat, braucht nicht unbedingt einen goldenen Ball.