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Goldener Morgenröte droht Verbot

Von WZ-Korrespondent Ferry Batzoglou

Politik

Ein Drittel der Mandatare der griechischen Rechtspartei ist in U-Haft.


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Athen. Mit Karacho rauschen am Montag um 10.37 Uhr neun Fahrzeuge aus der Garage der Athener Polizeidirektion auf den kurz zuvor weiträumig abgesperrten Alexandras-Boulevard. Zuerst rast ein anthrazitfarbener Golf an einer Vielzahl laufender Fernsehkameras vorbei, dann drei wuchtige Geländewagen der Anti-Terroreinheit. Was aufgrund der getönten Scheiben nicht zu sehen ist: In Handschellen sitzen darin Georgios Germenis, Panagiotis Iliopoulos und Stathis Boukouras - alle Abgeordnete der rechtsextremen Goldenen Morgenröte ("Chrysi Avgi").

Das Trio war am Wochenende in Untersuchungshaft genommen worden. Allen wird gemäß Paragraf 187 des Strafgesetzbuches die Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation vorgeworfen. Boukouras soll zudem illegal Waffen für die Chrysi Avgi gelagert und transportiert sowie Überfälle gegen Einwanderer organisiert haben. Ihm wird darüber hinaus auch Schutzgelderpressung vorgeworfen. Laut Athener Strafjustiz besteht bei den Angeklagten zudem der begründete Verdacht auf die Ausübung neuer Straftaten. Boukouras’ Rechtsanwalt, der Athener Star-Strafverteidiger Alexis Koujas, kritisierte die Verhaftung seines Mandanten hingegen als "vorab gefasste Entscheidung mit politischem Hintergrund".

Damit sitzen nach dem auch international hohe Wellen schlagenden Mord an dem linken Hip-Hop-Musiker Pavlos Fyssas am 18. September in Athen, mit dem die Morgenröte in Verbindung gebracht wird, bereits sechs der insgesamt 18 Morgenröte-Abgeordneten, darunter die Parteispitze um Nikos Michaloliakos, in U-Haft. Zudem laufen gegen weitere Morgenröte-Abgeordnete staatsanwaltliche Ermittlungen.

Um sich aus dem juristischen Würgegriff zu befreien, versucht die Morgenröte auch schon, internationale Allianzen zu schmieden. In einer Pressekonferenz der Morgenröte Ende voriger Woche in Athen sicherte ihr der auf dem Podium anwesende Nick Griffin, Chef der British National Party (BNP) und Europaabgeordneter, demonstrativ "aktive Unterstützung" zu. Die Chrysi Avgi kündigte dabei an, sie werde wegen der "verfassungswidrigen Strafverfolgung" gegen ihre Abgeordneten vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.

Ob der Gang der Chrysi Avgi nach Straßburg von Erfolg gekrönt wird, bleibt abzuwarten. Innenpolitisch dürfte die in Griechenland ohnehin isolierte Partei indes bald noch stärker in die Bredouille geraten. Denn die Regierung unter dem konservativen Premier Antonis Samaras blickt vor den gemeinsam mit den EU-Wahlen stattfindenden Kommunalwahlen mit Sorge auf die offenbar ungebrochene Popularität der Rechtsextremen und scheint durchaus auch bereit, außergewöhnliche Maßnahmen zu setzen. Denn obwohl die griechische Verfassung einen solchen Schritt nicht vorsieht, so mehren sich in Athen die Stimmen einflussreicher regierungsnaher Kommentatoren, die eine Initiative zum Verbot der Morgenröte noch vor dem nächsten Urnengang für möglich halten. Jüngste Umfragen sehen die Chrysi Avgi bei rund 13 Prozent der Stimmen, laut geheimen Umfragen könne sie gar etwa 18 Prozent auf sich vereinen. Bei den Doppelwahlen 2012 hatten knapp sieben Prozent der Griechen für sie votiert.

Mit einem Verbot der Morgenröte würde Samaras aber nicht nur ein Tabu brechen, sondern auch eine radikale Kehrtwende vollziehen. Noch Anfang Jänner hatte Samaras im "Kurier" auf die Frage, ob er die Morgenröte verbieten wolle, beteuert: "In der Demokratie braucht es keine Extra-Waffen, um besondere Feinde zu schlagen. Im Kampf gegen die Neonazis setzen wir die Waffen ein, die uns die Demokratie zur Verfügung stellt." Es wäre nicht der erste Sinneswandel von Samaras im Umgang mit dem im Hellas grassierenden Rechtsextremismus.