Zum Hauptinhalt springen

Goldener Sonntag wird Handels-Bilanz nicht retten

Wirtschaft

Viele stationäre Händler bangen um ihre Existenz. Das Vorkrisenniveau ist noch in weiter Ferne.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der alljährliche Weihnachtstrubel in den Einkaufsstraßen und Shoppingtempeln steuert an diesem Wochenende seinem Höhepunkt zu. Aufgrund einer Sonderregelung dürfen Geschäfte, die lockdownbedingt geschlossen hatten, auch am Sonntag aufsperren.

Eine Novität ist das nicht, denn bis 1960 gab es vor Weihnachten verkaufsoffene "Goldene" Sonntage. Die Personalkosten sind zwar doppelt so hoch wie an einem normalen Arbeitstag, die Händler brauchen aber dringend Liquidität. Etwa jeder zweite will laut einer Umfrage des Handelsverbands sein Geschäft am 19.12. aufsperren. 31 Prozent der befragten Konsumenten überlegen, am 19.12. einkaufen zu gehen.

Retten wird das die Umsatzbilanz in besonders betroffenen Branchen trotzdem nicht. Laut einer Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) wird das Weihnachtsgeschäft - laut Wifo-Definition der Mehrumsatz im Dezember gegenüber dem Durchschnitt von Jänner bis November - im stationären Non-Food-Bereich heuer zwar um 80 Millionen Euro auf 606 Millionen Euro zulegen, auf das Vorkrisenniveau fehlen aber noch knapp 50 Millionen Euro.

Willst du diesen Inhalt sehen? Gib den anderen Cookies grünes Licht.

Wiener Zeitung Logo

Cookie Einstellungen

Ohne Cookies funktioniert die Website wienerzeitung.at nur eingeschränkt. Für eine sichere und einwandfreie Nutzung unserer Website werden daher technisch notwendige Cookies verwendet. Für die Darstellung von Inhalten von Drittanbietern (YouTube und APA) werden Session-Cookies gesetzt. Bei diesen kann eine Datenübermittlung in ein Drittland stattfinden. Ihre Einwilligung zur Setzung genannter Cookies können Sie jederzeit unter "Cookie Einstellungen" am Seitenende widerrufen oder ändern. Nähere Informationen zu den verwendeten Cookies finden sich in unserer Datenschutzerklärung und in unserer Cookie-Policy.

Technisch notwendig
Youtube
Andere

Im Lebensmitteleinzelhandel, der von Schließungen nicht betroffen ist, schnellte der Mehrumsatz im Dezember 2020 von 316 Millionen auf 586 Millionen Euro nach oben. Heuer dürften es 607 Millionen Euro sein.

Sorge um Spaltung der Gesellschaft

Was der Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln nicht braucht, ist ein neuerlicher Lockdown nach Weihnachten. Dann werden nämlich Gutscheine eingelöst, und geschenktes Geld wird ausgegeben. Laut Handelsverband-Umfrage wollen die Österreicher heuer pro Kopf durchschnittlich 463 Euro für Weihnachtsgeschenke locker machen, ebensoviel wie vor der Coronapandemie. Top-Seller werden einmal mehr Bekleidung, Parfum, Kosmetik, Bücher und Spielwaren sein. 16 Prozent der Befragten besorgen die Geschenke ausschließlich im Internet.

57 Prozent der Händler haben laut Umfrage Existenzängste, berichtete Handelsverbands-Geschäftsführer Rainer Will. Und: "11 Prozent haben angegeben, binnen des kommenden Monats zahlungsunfähig zu werden, wenn sich an der Situation nichts verändert." Nicht nur das hält Will für besorgniserregend, sondern auch das Auseinanderdividieren der Gesellschaft in Geimpfte und Ungeimpfte.

Es stelle sich die Frage, ob das 2G-Regime, das als Hebel dient, um noch mehr Menschen zu einer Impfung zu bewegen, "nicht auch große Schatten wirft in Bezug auf die Spaltung der Bevölkerung." Der Handel traue sich jedenfalls zu, auch im Non-Food-Bereich Sicherheitsstandards zu setzen, "so dass zumindest 3G möglich ist, und damit getestete, noch nicht geimpfte Menschen auch diesen Weg offen haben", sagt Will. Heuer mussten nach seinen Angaben bereits 2.000 österreichische Einzel- und 2.000 Großhändler für immer schließen. Online ist auch nicht die Lösung. Es wurden zwar 1.000 Webshops gegründet, diese machten aber so wenig Umsatz, dass sie nicht ins Gewicht fallen.

Laut Prognose des Handelsverbands wird der Onlinehandel umsatzmäßig heuer um mehr als 20 Prozent auf 9,6 Milliarden Euro zulegen. Am gesamten Umsatz des Einzelhandels wird der Anteil des Onlinehandels auf über 13 Prozent steigen. Fast zwei Drittel der Online-Umsätze gehen laut Schätzungen an ausländische Internethändler wie AMazon & Co.

Gute Nachrichten für den Wiener Handel

Für den Wiener Handel gibt es ausnahmsweise gute Nachrichten: In der Innenstadt werden am vierten Adventwochenende bis 18 Uhr keine größeren Demonstrationen erlaubt. Der Handelsverband hatte dies Anfang der Woche empfohlen, um den massiv von den Lockdowns betroffenen Geschäften in der Wiener City zumindest ein halbwegs ungestörtes Einkaufswochenende im Advent zu ermöglichen.

Der Handelsverband respektiere das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in höchstem Maße, erwarte sich gleichzeitig aber auch Respekt für das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit des Handels, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.

Alle durch das Staatsgrundgesetz, die Europäische Menschenrechtskonvention oder die Grundrechtscharta gewährleisteten Grundrechte würden zueinander in keinem hierarchischen Verhältnis stehen. Dem Versammlungsrecht komme also im Verhältnis zu allen anderen Grundrechten kein übergeordnetes Gewicht zu. Will: "Das Grundrecht der Erwerbsfreiheit ist in der Pandemie 22 Monate lang nachrangig behandelt worden. Daher begrüßen wir die heutige Entscheidung der LPD Wien ausdrücklich. Sie sorgt dafür, dass Corona-Demos nicht das wichtigste Weihnachts-Einkaufswochenende im heurigen Jahr zunichtemachen. Wir hoffen, dass auch die anderen Bundesländer in diesem Sinne ihre Abwägungsentscheidung fällen." (ede)