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Goldenes Geschäft mit dem Minus

Von Clemens Neuhold

Wirtschaft
Beim Überziehen des Kontos rinnt Geld noch schneller durch die Finger.
© Corbis

Druck steigt, dass Zinsen fürs Minus am Konto auch in Österreich sinken.


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Wien. Weihnachten naht und die Geschenkliste wird länger. Gleichzeitig steigen die Ansprüche der Liebsten. Wer trotz knapper Kassen alle Wünsche befriedigen möchte, steht schnell mit einem Minus am Konto unterm Weihnachtsbaum - einem Minus, das alles andere als ein Geschenk ist. Die Bawag verlangt für ihr Basiskonto 13,25 Prozent Sollzinsen, Bank Austria und Erste Bank bewegen sich zwischen neun und 13,5 Prozent, die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien orientiert sich an einem Richtwert von 12,5 Prozent. Zum Vergleich: Wer nicht im Minus, sondern im Plus ist, wird im Durchschnitt mit rund 0,125 Prozent Zinsen belohnt.

Deutsche Institute: Und sie bewegen sich doch

Ein Rundruf bei all diesen Banken hat ergeben: Das Minus am Konto wird in Österreich künftig nicht billiger, die Sollzinsen bleiben dort, wo sie sind. Anders in Deutschland. Dort senkt ein Institut nach dem anderen die "Dispozinsen" um bis zu 0,40 Prozent. Zwei Faktoren haben die erste (Mini-)Bewegung gebracht: die jüngste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Druck der Sozialdemokratie. Die SPD fordert in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU eine Obergrenze.

In Österreich hält sich die SPÖ zurück. "Bei uns ist das kein Thema in den Gesprächen. Aber ich will nicht ausschließen, dass es später noch Thema wird", erfuhr die "Wiener Zeitung" aus Verhandlungskreisen.

Konsumentenschützern und Schuldnerberatern sind die hohen Sollzinsen seit Jahren ein "total rotes Tuch", wie es der Geschäftsführer der Schuldnerberater Wien, Alexander Maly, ausdrückt. Bernd Lausecker vom Verein für Konsumenteninformation sagt: "Die Banken bedienen sich bei den Schwachen, die sich am wenigsten wehren können. Das seien meist Menschen, die knapp dran sind und oft keine andere Möglichkeit haben, als ihr Konto zu überziehen, wenn größere Ausgaben auf sie zukommen." Und damit ist die Stromnachzahlung und nicht die Geschenkeliste gemeint.

Ein Minus am Konto sei bei verschuldeten Menschen Standard, sagt Maly. Aktuell sind rund 350.000 Haushalte verschuldet. Maly kritisiert nicht nur die Höhe der Sollzinsen, sondern auch die Vergabepraxis. Oft würden Verschuldete, die mit einem Überbrückungskredit das Minus am Konto beseitigen, rasch wieder einen Überziehungsrahmen bekommen. "Für die Bank ist es verlockend, Überziehungsrahmen zu gewähren, das ist ein saftiges Geschäft."

Maly verlangt, dass so wie in Deutschland jeder Kreditrahmen als Vertrag festgehalten und verhandelt und nicht einseitig gewährt wird.

Christian Prantner von der Arbeiterkammer kritisiert, dass die Überziehungszinsen meist fixiert sind und sich nicht mit dem Markt mitbewegen. Bei einer Umstellung auf variable Sollzinsen müsste der Zinssatz aber deutlich niedriger liegen, denn nach dem aktuellen Zinstal können die Zinsen - auch jene fürs Minus - mittelfristig kräftig steigen.

Beachtliche Bandbreite

bei den Sollzinsen

Eine Obergrenze fordert auch Prantner nicht dezidiert. Für ihn ist es immerhin "tröstlich", dass es eine große Bandbreite bei den Überziehungszinsen gibt. Laut Bankrechner der Arbeiterkammer ist die Hypo Alpe Adria mit aktuell 4,7 Prozent am günstigsten, gefolgt von den Volksbanken. Am anderen Ende der Fahnenstange steht ein Kontopaket der türkischen VakifBank mit 13,5 Prozent.

Die Bank Austria verweist darauf, dass Kontoüberziehungen nicht als längerfristige Kredite gedacht sind. Die Erste Bank sagt, Sollzinsen seien für die Bank eine Art "Blankokredit", ohne Sicherstellung mit vollem Risiko und entsprechenden Kosten. Die Bawag verweist auf Konten mit niedrigeren Sollzinsen. Kunden, die dauerhaft im Minus sind, biete man Konsumkredite an.

Was von den Banken nicht zu erfahren war: wie viel die Überziehungszinsen zum Ertrag der Banken beisteuern.