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Goldgräber-Zeiten für Werber vorbei

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Jörg Spreitzer, Chef der Agentur JWT Wien. Foto: JWT

Aus für einige namhafte Agenturen. | "Werbung ist ein knochenharter Job." | Wien. Die Werbeagenturen hat die Rezession stark getroffen, weil viele Auftraggeber beim Werbebudget den Rotstift angesetzt haben. Die Goldgräberzeiten sind vorbei, von Rabattschlachten war in der Branche zu hören.


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Der Druck auf die Honorare hält weiter an, sagt Jörg Spreitzer, Geschäftsführer der Werbeagentur JWT in Wien: "Die Gewinnspannen sind massiv gesunken, weil in der Wirtschaftskrise die Controller stärkeren Einfluss aufs Marketingbudget haben." Nun verlangen die Unternehmen eine unmittelbare Kontrolle für jeden eingesetzten Werbe-Euro - was bei Werbung in Printmedien oder im Fernsehen nicht so einfach ist wie bei Internetwerbung.

JWT war laut Spreitzer eine der wenigen Agenturen mit einem Plus. Zahlen für einzelne Länder gibt JWT nicht bekannt. Focus Media Research reihte die Agentur mit 33,6 Millionen Euro Umsatz (plus 11,3 Prozent) im Vorjahr auf Platz 15 der heimischen Agenturen. Der gesamte Werbemarkt ist laut den Focus-Zahlen im Vorjahr um 5,4 Prozent gegenüber 2008 geschrumpft.

Umbruch bei Agenturen

In den vergangenen Jahren wurde die Agenturenlandschaft kräftig aufgewirbelt: Saatchi & Saatchi verschwand in Österreich, nachdem sich Chef Michael Nitsche mit dem A1-Etat selbstständig machte, beim Zusammenschluss von PKP und BBDO mussten einige Mitarbeiter gehen. In Deutschland blieb Springer & Jacoby nach 30 Jahren nur die Insolvenz.

Die Agentur Aha redcell, die wie JWT zum Netzwerk des britischen Kommunikationskonzerns WPP gehört, löst sich mit Ende Juni auf - JWT hat nun den Sportwettenanbieter Tipp 3, einen früheren Aha-Kunden, übernommen. Wie bei Saatchi war hier die Anbindung an ein internationales Netzwerk kein Vorteil.

Nach goldenen Zeiten für die Werbetreibenden regieren nun Rabattschlachten. Foto: reu

"Durch die Krise haben einige internationale Kunden ihre Etats von Wien abgezogen und zentraler ausgerichtet", sagt Spreitzer. JWT Wien mit 73 Mitarbeitern habe daher Kunden an die Schwesteragenturen in London und Deutschland verloren - und musste die fehlenden Einnahmen durch andere, neue Etats kompensieren.

Größter nationaler Kunde von JWT ist OMV/Viva, für den die Kampagne mit Köchin Sarah Wiener für zwölf Länder kreiert wurde. Dazu habe man Etats von Münze Österreich, dem Magazin "Woman" und Adeg verteidigt. Auch internationale Konzerne wie Nokia, Mazda und Johnson & Johnson werden von den beiden Büros in Wien und Prag betreut. "Wir haben fünf der letzten sieben Pitches gewonnen", sagt Spreitzer. In der Branche sei ein Schnitt von einem Gewinn pro zehn Pitches üblich. Gratis-Präsentationen lehnt er ab: "Wer kein Abstandshonorar zahlt, meint es auch nicht ernst mit der Agentur." Auch wenn das Abstandshonorar nur einen einstelligen Prozentsatz des tatsächlichen Aufwandes abdecke, gehe es um die Anerkennung.

Öfter auf Probe gestellt

Die Agenturen werden immer öfter mit Pitches auf die Probe gestellt, beobachtet Spreitzer. Eine Agentur sollte nicht nur der Werbeproduzent sein, sondern sich schon bei der Produktentwicklung als strategischer Berater einklinken. Wer sich nicht unter Druck setzen lässt und nicht als austauschbar wahrgenommen wird, könne auch sein Geld verlangen. Wer seinen Kunden und die Produkte wie seine eigene Westentasche kenne, mache sich schwer ersetzbar.

Zudem fangen viele Bewerber mit falschen Vorstellungen in der Werbebranche an, sagt Spreitzer: "Werbung ist ein knochenharter Job." Statt einem 9-to-5-Job erwarte die Mitarbeiter "viel trockene Statistik und Marktforschung".

Den Werbern wird aber nicht nur von den Kunden mehr abverlangt, auch die Neuen Medien wie das Internet erhöhen die Anforderungen: Agenturen müssen reagieren und können immer weniger selbst beeinflussen. Durch Social Media Marketing kann etwa ein TV-Spot, der zurückgezogen wird, eine Eigendynamik im Netz bekommen und sich schnell verbreiten. "Das Internet hat die Kommunikation um ein Vielfaches beschleunigt, der Kontrollmechanismus geht dabei flöten", sagt Spreitzer. Den rascheren Herausforderungen seien nicht alle Agenturen gewachsen.

Die Agenturen leben nach wie vor von klassischer Werbung. Auch wenn Werbung im Internet die höchsten Steigerungsraten aufweist - das Online-Budget bleibe klein. Dass Werbung mit Bannern im Internet billiger ist als etwa im Fernsehen, stimmt nicht: Denn mit nur einem gut platzierten TV-Spot erreiche man eine weit größere Zielgruppe als mit mehreren Bannern im Netz.