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Immobilienpreise in Montenegro explodieren geradezu. | Vor allem Russen kaufen derzeit alles, was zu haben ist. | Pläne von "neuem Monaco" locken Glücksritter an. | Podgorica. Die Strände sind schon fast wieder menschenleer, die großen Touristenströme längst abgezogen. Es war ein guter Sommer, auf den Montenegro zurückblicken kann - der beste, den das seit Juni 2006 von Serbien unabhängige Land je gesehen hat. Mit einem Zuwachs von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr wurden erstmals die Besucher-Zahlen der Kommunismus-Zeiten überboten.
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Nun brechen wieder die Geschäfte für die kommenden Saisonen an, doch vor allem im Immobiliensektor haben sie nicht einmal im Sommer geruht. Denn wie in kaum einem Land der Welt explodieren derzeit die Preise so wie in Montenegro. Wer zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, kann dabei ein Vermögen verdienen.
Drei Beispiele: Ein kleines Landhaus, das vor einem Jahr um 300.000 Euro erworben wurde, wechselte kürzlich um 1,1 Millionen Euro den Besitzer. Ein venezianisches Herrenhaus wurde um 1 Millionen Euro gekauft, zu einem Luxushotel ausgebaut und um 8 Millionen Euro wieder verkauft. Und in Kotor, dem pittoresken Unesco-Weltkulturerbe, werden für Wohnungen Quadratmeter-Preise wie in der Wiener City (7000 bis 8000 Euro) verlangt - und auch gezahlt.
Vor allem in der malerischen, sich fjordartig in die Berge schneidenden Bucht von Kotor macht sich derzeit Goldgräberstimmung breit: Oben die berühmten schwarzen Berge, unten das ruhige Meer, über das immer mehr Luxus-Yachten gleiten. Wer hier ein Haus billig erwirbt, zählt zu den Glücksrittern - und das wollen hier viele sein. Kaum eine Ecke, wo es nicht Büros mit einem "Real-Estate"-Schild gibt und wo nebenbei unbedarft Sportmode und Sonnencremes angeboten werden.
Österreichern hilft ihr Habsburg-Image
Auch Österreicher investieren kräftig in Montenegro, nicht nur am Immobiliensektor: "Es ist zwar für uns ein vergleichsweise kleiner Markt, aber äußert interessant", erklärt Josef Kircher, Vorstand der "Hypo Alpe Adria", gegenüber der "Wiener Zeitung". Dank Russen und Engländer hätten sich die Immo-Preise in den vergangenen Monaten "in Schwindel erregende Höhen" entwickelt. Platzt die Blase vielleicht einmal? "Ich denke nicht. Es wird sich aber auf hohem Niveau einschleifen", meint Kircher, der einen Startvorteil der Österreicher erkennen will: "Wir sind dank Kaiser Franz Joseph und den Straßenbaukünsten hier sehr beliebt."
Das machen sich auch kleinere österreichische Firmen zu Nutze, wie etwa der Geschäftsmann Werner Salzmann. Er ist seit zwei Jahren in Montenegro aktiv und von der jetzigen Entwicklung geradezu überwältigt: "Es ist irre. Eine derartige Preisexplosion habe ich noch nie erlebt. Vor allem die Russen kaufen derzeit alles, was sie bekommen können." Seine Perle im Portfolio ist ein Anwesen direkt am Meer in Dobrota mit Weitblick in die Kotor-Bucht, nur unweit des angeblichen Palastes von Naomi Campell gelegen. Es sind auch die vielen prominenten Interessenten, die die Preise zusätzlich anheizen: Michael Douglas, Ralf Schuhmacher, Flavio Briatore - alle sollen sie auf der Immo-Jagd schon gesehen worden sein. Es passt zumindest hervorragend zum Image, das sich das "neue Monaco" des Balkans verpassen will.
Das Vertrauen der Investoren in die Zukunft Montenegros scheint tatsächlich unbegrenzt: Nicht anders ist zu erklären, dass der kanadische Milliardär Peter Munk die Kleinigkeit von 600 Millionen Euro investiert - für einen Yachthafen im derzeit noch beschaulichen 15.000-Seelen-Städtchen Tivat.
Das "neue Portofino", so der Arbeitstitel des Projekts, soll nicht nur Yachten aus aller Welt anziehen, sondern zum Turbo einer ganzen Region werden.
Doch bei aller Zukunftseuphorie wird auch deutlich, dass es mit dem Land zu rasch bergauf geht und die blitzblank sanierten venezianischen Fassaden an der Küste oft wirklich sprichwörtlich Fassade sind. Die Infrastruktur ist noch lange nicht auf Massentourismus ausgelegt, es fehlen nicht nur Straßen sondern auch Kanalisation und leistungsfähige Wasserleitungen.
Verschleudern die
Einheimischen alles?
Umweltschutz ist vielfach ebenso ein Fremdwort wie Nachhaltigkeit. "Die Montenegriner wollen alle das schnelle Geld machen und verkaufen ihre Grundstücke. In ein paar Jahren sind sie dann Sklaven im eigenen Land und müssen niedere Dienste ausführen", prophezeit Salzmann. Angebote, gemeinsam Projekte zu machen und etwa Grundstücke nur zu verpachten, seien den Montenegrinern aber meist zu wenig lukrativ.
Der Porsche Cayenne liegt halt näher als der dauerhafte Job als Campingplatz-Betreiber. Der Tod mit dem ungewohnt schnellen Gefährt auf den schlechten Straßen übrigens auch, wie die vielen neuen Kreuze an den Straßenrändern allzu deutlich beweisen . . .