WKStA-Ermittlerin Schmudermayer verteidigt die Razzia im BVT. Unter Druck gesetzt habe sie sich nicht gefühlt.
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Wien. Ursula Schmudermayer bleibt dabei. Alles korrekt abgelaufen - das ist zusammengefasst der Tenor ihre Aussage am Dienstag vor dem U-Ausschuss zur Causa Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Schmudermayer, fallführende Staatsanwältin bei den Ermittlungen gegen fünf hochrangige BVT-Beamte, wiederholt vor den Parlamentariern im Wesentlichen die offizielle Position der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA). Diese sah schon nach der Urteilsverkündung des Oberlandesgerichts Wien, wonach die BVT-Razzia größtenteils rechtswidrig erfolgte, die prinzipielle Verdachtslage gegen die BVT-Mitarbeiter bestätigt. Es geht für die WKStA auch um einen drohenden Gesichtsverlust, das ist der Eindruck, den Schmudermayers Aussagen hinterlassen.
Im September 2017 sei das ominöse "Konvolut" aus Anschuldigungen bei der WKStA eingetroffen, mit dem alles begann, sagt Schmudermayer in ihrem 20 Minuten langen Eingangsstatement. Dann habe sie zu ermitteln begonnen, der Akt sei von Anfang an als Verschlusssache geführt worden. "Ich habe meinen Vorgesetzten in die Ermittlungen eingebunden." Und auch Christian Pilnacek, zu dieser Zeit noch Sektionschef im Justizministerium, habe seitdem von den Ermittlungen rund um das anonyme "Konvolut" gewusst.
Von den zahlreichen und weitestgehend unbegründeten Vorwürfen hätten sich drei als für die WKStA relevant herauskristallisiert, sagt Schmudermayer. Es sind dies die vermuteten Kickback-Zahlungen in der Causa Werner Maus, die Vorwürfe bezüglich der nordkoreanischen Reisepässe sowie die angeblich rechtswidrig unterlassenen Löschungen von Daten, unter anderem des Rechtsanwalts Gabriel Lansky bzw. die generell vermuteten missbräuchlichen Datenverwendungen im BVT.
Was Ursula Schmudermayer dann aussagt, ist einigermaßen brisant: Der Kontakt mit Peter Goldgruber, Generalsekretär im Innenministerium unter FPÖ-Minister Herbert Kickl, sei im Vorfeld von niemand Geringerem als Gabriel Lansky angekündigt worden. Am 16. Jänner habe er angerufen und Goldgrubers Kommen angekündigt. Dabei aber habe er "nicht auf seinen eigenen Fall, sondern auf den anderen" verwiesen, sagt Schmudermayer. Die Causa Lansky habe sie als eigenen Akt geführt, alle anderen BVT-Vorwürfe in einem anderen Akt. Von diesem habe Lansky aber wohl aufgrund von Vorlagen aus seinem Akt gewusst, aus denen hervorgehe, dass es noch einen zweiten Akt gibt.
Brisante Enthüllungen
Drei Tage später, am 19. Jänner, kam es dann zum ersten Treffen zwischen Goldgruber und Schmudermayr in der WKStA. Das "Konvolut", das Goldgruber damals übergeben hatte, sei ihr aber inhaltlich eben bereits bekannt gewesen. "Goldgruber war für mich klar Anzeiger im Sinne der Strafprozessordnung", sagt Schmudermayer. Hat sie sich je unter Druck gesetzt gefühlt? "Ich lasse mich nicht so leicht unter Druck setzen." Rückendeckung erhält Schmudermayer von ihrem unmittelbaren Vorgesetzten, Wolfgang Handler. Er spielt die Übergabe herunter. Auch habe man mit Goldgruber inhaltlich nicht gesprochen, "weil mir die Meinung des Herrn Goldgruber ehrlich gesagt auch egal gewesen wäre".
Udo Lett, Kabinettsmitarbeiter im Innenministerium, habe aber von "zeitnahen Suspendierungen" gesprochen, die durchgeführt werden müssten, erinnert sich Schmudermayer. "Das hatte allerdings mit meinen Ermittlungen nichts zu tun."
Ausführlich schildert die WKStA-Beamtin danach, wie sie nach der Vernehmung der ersten Belastungszeugin, Frau P., diese nach weiteren möglichen Zeugen gefragt habe. P. habe diese Zeugen auch genannt. Auf Fragen nach den Absprachen der Belastungszeugen bei Treffen mit Udo Lett im Kabinett des BMI kann oder will Schmudermayer nichts Substanzielles sagen.
Wieso aber nahmen die Ermittlungen der WKStA erst so spät, im Februar, richtig Fahrt auf? Das sei der Geheimhaltung der Causa geschuldet, sagt Schmudermayer. Es habe sehr wohl Medienanfragen gegeben, auch schon 2017. "Wenn ich dazu was sage, gefährde ich die Geheimhaltung. Weil ich aber nichts gesagt habe, entstand medial der Eindruck, es würde nicht ermittelt."
Die Razzia an sich, ebenso wie das Heranziehen der EGS-Polizeitruppe, rechtfertigt Schmudermayer mit möglichen "Fernlöschungen" von Daten, die BVT-Mitarbeiter vor dem U-Ausschuss bereits in Abrede gestellt hatten, und mit Befangenheit der üblicherweise mit solchen Einsätzen betrauten Einheiten aus dem Amt für Korruptionsbekämpfung und dem Landeskriminalamt.
Brisant ist auch eine Enthüllung der Wochenzeitung "Falter" am Dienstag: Goldgruber soll demnach am 29. Jänner bei BVT-Chef Gridling unter anderem angefragt haben, in welchen Burschenschaften das BVT verdeckte Ermittler eingeschleust habe. Nach der "Falter"-Enthüllung stellt sich nun vor allem zwei Fragen: Hängen das Auskunftsbegehren von Peter Goldgruber an BVT-Chef Gridling und die Razzia im BVT zusammen - und wenn ja, wie? Das Innenministerium verweist auf die Tagesordnung des Nationalen Sicherheitsrats am 30. Jänner. Daher seien "Informationen zum Themenbereich" eingeholt worden.
Udo Lett und die Zeugen
Auffällig ist jedenfalls die Chronologie: Am 23. Jänner nimmt die Affäre Landbauer ihren Anfang. Nur fünf Tage vor der Landtagswahl in Niederösterreich wird durch einen "Falter"-Bericht öffentlich, dass in der Burschenschaft des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Landbauer Liederbücher mit antisemitischen, im NS-Jargon gehaltenen Liedern kursieren sollen. Am 29. Jänner, einen Tag nach der Landtagswahl, begehrt schließlich Goldgruber von BVT-Chef Gridling Auskunft. Nach der - wenig ausführlichen - Antwort aus dem BVT beginnt das Kabinett von Innenminister Kickl, die Belastungszeugen an die WKStA zu vermitteln, die schließlich zur Razzia am 28. Februar führen. Zu den Belastungszeugen musste Staatsanwältin Schmudermayer am Dienstag ebenfalls zahlreiche Fragen beantworten. Vor allem zu ihrem eigenen Tagebuch, in dem zu lesen ist, dass eine der Zeugen, Frau P., einen "nervösen Eindruck" gemacht habe.
Bei der Vernehmung, bei der Udo Lett anwesend war, sei der Eindruck entstanden, es herrsche eine Drucksituation vor. Genau das aber stellt Schmudermayer in ihrer Aussage nun ganz anders dar. Es sei "normal", dass Zeugen bei einer WKStA-Vernehmung nervös sind. Jedenfalls habe sie keinen Grund zur Annahme gehabt, dass die Zeugin nicht glaubwürdig sein könnte. Zur Erinnerung: P. hatte laut Protokoll ausgesagt, dass "Herr Dr. Lett mir einfach gesagt hat, ich solle heute hier herkommen. Ich weiß allerdings noch nicht genau, warum." Widersprüchlich klingen die Ausführungen Schmudermayers dort, wo es um das Beisein von Udo Lett bei den Zeugeneinvernahmen geht. Während die Vertrauensperson eines anderen Zeugen auch bei einer weiteren Einvernahme dabei sein wollte und dies von Schmudermayer aufgrund der Brisanz des Falles abgelehnt wurde, wie sie selbst aussagte, war BMI-Kabinettsmitarbeiter Lett nachweislich bei zwei Zeugeneinvernahmen persönlich anwesend. Hier hatte Schmudermayer offensichtlich kein Problem.
Schwierig gestaltet sich später die Aussage von Ulrich Nachtlberger, jenem Journalrichter, der am 27. Februar die Razzia im BVT telefonisch genehmigte. Gegen ihn ist ein gerichtliches Verfahren anhängig, er entschlägt sich deshalb mindestens ein Mal der Aussage. Gewundert hätte ihn nur, dass er die nachträgliche schriftliche Begründung der Hausdurchsuchung erst so spät erhalten habe. "Normalerweise bekommt man das am nächsten Tag in der Früh", sagt Nachtlberger. Er sei am 28. Februar abends unter Zeitdruck gestanden, weil er zu einem Rapid-Spiel gehen wollte.
Eines wird durch die Aussagen von Staatsanwältin Schmudermayer jedenfalls klar: Die WKStA wird wohl aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens in einem Fall auch Anklage gegen BVT-Mitarbeiter erheben. Dass sich im Zuge der Ermittlungen der letzten Monate die Verdachtslage "bei einigen Vorwürfen" erhärtet habe, unterstreicht Schmudermayer mehrmals.
Die BVT-Affäre im Überblick (pdf-Dateil)