In der zweiten BVT-Befragung des BMI-Generalsekretärs bleiben Widersprüche bestehen.
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Es ist eine unangenehme zweite Befragung, die Peter Goldgruber am Dienstagmorgen über sich ergehen lassen muss. Der Generalsekretär im Innenministerium (BMI) wird am Dienstag von den Abgeordneten im BVT-Untersuchungsausschuss vor allem mit den zahlreichen Widersprüchen konfrontiert, die sich aus Goldgrubers Aussagen bei seiner ersten Befragung und den Aussagen anderer Auskunftspersonen ergeben haben. "Dazu habe ich keine Wahrnehmung", ein Satz, der unter den Journalisten im U-Ausschuss schon sprichwörtlich ist, ist von Goldgruber am Dienstag mehrmals zu hören. Vielfach kann er sich nicht mehr erinnern, oder er versucht sich der Aussage zu entschlagen – was ihm nicht immer gelingt.
Fragen zum "Berner Klub", dem inoffiziellen internationalen Gremium westlicher Nachrichtendienste, werde er nicht oder nur in nicht-medienöffentlicher Sitzung beantworten, sagt Goldgruber.
Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft Korneuburg wegen möglicher falscher Beweisaussage, Verleumdung und Amtsmissbrauch. Werner Amon von der ÖVP hält dem BMI-General das Protokoll seiner letzten Befragung vor. Die Causa Germania, also die sogenannte Liederbuch-Affäre, sei nie Thema der Gespräch gewesen, die er mit Michaela Kardeis, Generaldirektorin für die Öffentliche Sicherheit, geführt habe, sagte Goldgruber im vergangenen November. "Er hat mich am 4. Februar darauf angesprochen, kurz nach der niederösterreichischen Landtagswahl", zitiert Amon aus dem Protokoll der Befragung von Kardeis.
Widersprüche zur Causa Liederbuch
Kardeis’ Aussage konnte diese übrigens mit einer handschriftlichen Notiz belegen. Aus der geht auch hervor, dass Goldgruber ihr gegenüber geäußert habe, er wisse, dass gegen die Burschenschaft Germania schon seit zwei Jahren seitens des BVT ermittelt werde.
Hat Goldgruber Kardeis nun nach den Liederbüchern gefragt, oder nicht? "Ich kann mich nicht erinnern", er führe im Dienstalltag "tausende Gespräche" mit der Generaldirektorin, sagt Goldgruber, es gebe "täglich Sachen". "Wie stellen Sie sich das vor", rechtfertigt sich der Generalsekretär und entschlägt sich weiteren Fragen dazu mit Verweis auf sein laufendes Verfahren.
In anderen Punkten bleibt Goldgruber bei seinen früheren Aussagen. Vor dem nationalen Sicherheitsrat nach Bekanntwerden der Liederbuch-Affäre habe er BVT-Direktor Peter Gridling um ein beratendes Gespräch gebeten, er habe wissen wollen, welche Fragen zu erwarten seien, ob nicht auch andere schlagende Burschenschaften Thema im Ausschuss sein könnten. Nach verdeckten Ermittlern im deutschnational-völkischen Milieu habe er nicht gefragt, behauptet Goldgruber auch am Dienstag.
Auch zur Frage, ob Goldgruber im Vorfeld der Razzia im BVT am 28. Februar 2018 eine mündliche Weisung erteilt habe, wonach alle schriftlichen Dokumentationen zu vernichten seien, bleiben nach Goldgrubers zweiter Befragung Widersprüche.
Nein, er habe so etwas nicht gesagt, beteuert der Generalsekretär – auch nachdem ihm gegenteilige Aussagen des Einsatzleiters Wolfgang Preiszler bei dessen Befragung vorgehalten werden.
Brisant ist, was Goldgruber zur Frage sagt, wer denn für die Bearbeitung der Aktenlieferungen aus dem Innenministerium an den BVT-Ausschuss zuständig sei. Eine Frau N. sei das, antwortet Goldgruber – just jene Frau, die in den ersten Ausschuss-Wochen mit einem Presseausweis Zugang zum Medienraum im U-Ausschuss im Parlament hatte.
Kloibmüllers "Krieg" gegen Lansky
Peter Pilz von der Liste Jetzt schwenkt dann auf den Themenkomplex "ÖVP-Netzwerk im BMI" ein. Er legt Goldgruber zwei Emails vor, eines davon vom Oktober 2014. "Jetzt ist es definitiv. GL (Gabriel Lansky, Anm.) bekommt den Computer retour. Wir sind alle ziemlich down", schrieb der damalige und inzwischen gekündigte BVT-Spionage-Chef P. – er wird von der Staatsanwaltschaft noch immer als Beschuldigter geführt – an den damaligen Kabinettschef Michael Kloibmüller (ÖVP). "Macht nichts. Schlacht verloren aber den Krieg gewinnen wir :-)", antwortete Kloibmüller. "Was wissen Sie über den Krieg, den Kloibmüller mit Lansky geführt hat?", will Peter Pilz wissen. Wiederum "keine Wahrnehmungen" dazu von Goldgruber.
Die SPÖ meint den Grund für die Durchsuchung im Büro der Extremismus-Referatsleiterin Sibylle G., die nur als Zeugin geführt wurde, zu kennen: "Die FPÖ hat vermutet, dass das inkriminierte Liederbuch in der Causa Landbauer vielleicht über das BVT an die Öffentlichkeit gelangte", sagt SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer. Die Durchsuchung von G.s Büro habe nur dem Zweck gedient, etwas über die BVT-Ermittlungen zur Germania in Erfahrung zu bringen.
Werner Amon von der ÖVP bleibt ebenfalls bei seiner Forderung, wonach FPÖ-Innenminister Herbert Kickl eine Suspendierung von Goldgruber zu prüfen habe. "Es wird auch schon geprüft, die Prüfung dauert halt schon sehr lange", sagt der ÖVP-Fraktionschef. Auch die Neos wollen Goldgrubers Suspendierung.
Peter Goldgruber selbst scheint sich seines Postens als Generalsekretär nach wie vor sehr sicher zu sein. "Ich habe nicht den Eindruck, den schwarzen Peter zu haben", antwortet er auf die Frage, ob er fürchte, von Kickl die Verantwortung für die BVT-Affäre umgehängt zu bekommen.
Ermittler rudert zurück
Unterdessen wurde bekannt, dass jener Beamte, der im BVT-Untersuchungsaussschuss am vergangenen Mittwoch mit seinen Aussagen über eine ÖVP-Datenbank für Aufsehen gesorgt hat, offenbar nun zurückrudert. Laut einem Bericht der "Presse" bat der Ermittler den U-Ausschuss in einem E-Mail um "Korrekturen". Demnach will er nur aus Versehen gesagt haben, dass es sich um eine "ÖVP-Datenbank" handeln könnte. Bei der Datenbank, die beim ehemaligen Spionagechef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Bernhard P., gefunden wurde, handle es sich vielmehr um eine, auf die ÖVP oder deren Landesorganisationen Zugriff haben, so der Ermittler.
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