Der Kurs für das Edelmetall fiel seit August um 17 Prozent - trotz Eurokrise.
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Wien."Gold macht sich gut auf dem Weihnachtsbaum und darunter. Gold ist Geld, jetzt, vor und in 1000 Jahren", mit diesen Slogans wirbt derzeit die Münze Österreich in Zeitungen und im Hörfunk. Absender der Nachricht: Anlageexperten heimischer Banken.
In den Ohren jener, die in den letzten Wochen die Entwicklung des Goldpreises mitverfolgt haben, mag das befremdlich klingen: Seit seinem Rekordhoch im heurigen August von über 1900 Dollar je Feinunze (31,10 Gramm) büßte das Edelmetall rund 17 Prozent ein. Aktuell liegt der Kurs bei 1593 Dollar. Und das trotz Schuldenkrise und Misstrauen in den Euro. Was ist mit dem Ruf als sicherer Hafen in Krisenzeiten?
"Normalerweise zieht der Goldpreis rund um die Weihnachtssaison im vierten Quartal an", sagt Ronald Stöferle, Goldexperte der Erste Bank. Derzeit sei aufgrund der schwächeren Wirtschaftserwartungen die Deflationsangst allerdings größer als die Inflationsangst, die üblicherweise den Goldkurs beflügelt.
Als Ursache für das Abdriften des Edelmetalls nennt der Anlageexperte auch "spekulative Komponenten": Viele Hedgefonds hätten ihre Bestände an den Terminmärkten verkauft. Zum einen, weil sie einen Kapitalbedarf hatten. Zum anderen aber auch wegen Verunsicherung an den Märkten für Goldwertpapiere - ausgelöst etwa durch die Pleite des US-Brokerhauses MF Global.
Auch die weltweiten Notenbanken scheinen nicht ganz unschuldig am sinkenden Goldkurs zu sein: Seit Monaten halten sich am Markt Gerüchte, dass etwa die amerikanische FED oder die Bank of England "manipulativ" in großen Mengen Gold auf den Markt werfen, um den Edelmetallpreis zu drücken. Die Zentralbanken würden so eine größere Umschichtung von Geldwerten in Gold unterbinden wollen, so Analysten.
"Papiergold verliert Gewicht"
Goldexperte Stöferle hält trotz der aktuellen Turbulenzen an seiner Prognose fest: Bis Juni 2012 werde der Goldpreis auf 2000 Dollar je Feinunze steigen. Was sich bis dahin jedoch ändern wird: Derzeit gibt es eine große Diskrepanz zwischen physischem Gold und Papiergold, so Stöferle. Diese werde sich langfristig auflösen. Tatsächlich entfallen weniger als 10 Prozent des preisbestimmenden Handels auf physisches Gold, aber mehr als 90 Prozent auf handelbare Wertpapiere (mit und ohne Goldunterlegung) auf den Goldpreis und auf Derivate.
Bei den Münzprägestätten sorgt der niedrige Goldkurs indes für einen Hype. "Gerade in den letzten Tagen haben wir bemerkt, dass mehr Philharmonikermünzen und Goldbarren gekauft wurden. Die Kunden haben offensichtlich die Hoffnung, dass der Kurs sich bald wieder dreht", sagt Thomas Kubaczek, Vorstandsmitglied der Münze Österreich.
Vor dem Krisenjahr 2008 betrug der Umsatz jährlich 300 bis 400 Millionen Euro. Heuer werden es laut Kubaczek voraussichtlich mehr als zwei Milliarden Euro sein.