Paris greift Idee der "tax Google" auf, Berlin will Google News zu Zahlungen an Verlage verdonnern.
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Mountain View. Google bläst in Europa ein zunehmend rauer Wind entgegen. Zeitgleich mit der scharfen Kritik europäischer Verbraucherschützer an der jüngsten Änderung der Datenschutzbestimmungen öffnet sich für Google eine weitere Front. Die Erfolgsgeschichte des Internet-Konzerns, der im abgelaufenen Quartal einen Gewinn von 2,7 Milliarden Dollar vermeldete, hat in Deutschland und Frankreich nun die Politik auf den Plan gerufen. Während Berlin den Nachrichtendienst Google News zur Leistung von Entgelten verpflichten will, ist in Paris ein altes Thema neu entflammt: die Besteuerung von Online-Werbung, auch als "taxe Google" bekannt.
"Die Situation ist inakzeptabel", empört sich Philippe Marini, einflussreiches Mitglied des französischen Senats und der Regierungspartei UMP. Anlass für Marinis Kritik ist das Steuersystem, das Internetkonzerne größtenteils US-amerikanischer Herkunft in Frankreich gute Geschäfte machen lässt – und von diesen doch wenige Steuern abverlangt. Gerade im Bereich der Online-Werbung würden Internet-Unternehmen immer größere Anteile am Markt erobern, ohne – im Gegensatz zu Werbeunternehmen mit Sitz in Frankreich - dafür Steuern zu zahlen.
"taxe Google"
Die Lösung für diesen Missstand liegt für Marini auf der Hand: Mit einer neuen Abgabe sollen Internetriesen wie Google, Amazon oder Facebook stärker an die steuerliche Kandare genommen werden. Die Idee ist dabei nicht neu: Bereits 2010 tobte eine heftige Debatte um die "taxe Google", die zwar zunächst im Jahr 2011 eingeführt werden sollte, schließlich dann doch nicht realisiert wurde. Das will der Senator nun ändern. Die Frage der Steuer ist "ein wichtiger Gegenstand der öffentlichen Finanzen", ist Marini überzeugt. Mit der Einhebung von einem Prozent auf Werbeerlöse rechnet man sich Staatseinkünfte in Höhe von Dutzenden Millionen Euro aus. Die Steuer würde zwar alle Online-Werbenden treffen, vor allem aber Marktführer Google.
Darüber hinaus droht dem Konzern eine zweite Besteuerungsinitiative, die 2011 in Frankreich beinahe das Licht der Welt erblickt hätte und nun wieder zur Debatte steht. So sollen nicht nur Online-Werbung, sondern generell die Anbieter von Online-Dienstleistungen stärker besteuert werden. Insgesamt verspricht man sich aus diesen beiden Initiativen Einkünfte in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro. Als größtes Problem gilt freilich, dass Frankreich nicht alleine vorpreschen will, um im schlimmsten Falle den Rückzug von Internetanbietern aus dem Land befürchten zu müssen. "Frankreich muss hier im Konzert mit Deutschland, Spanien, Großbritannien und Italien vorgehen", ist folglich auch Marinis Parteikollegin Laure de la Raudière überzeugt.
Zahlungspflichtige Aggregatoren
Immerhin signalisiert nun auch Deutschland die Bereitschaft, Internetriesen zur Leistung von Steuern und Entgelten heranzuziehen. Konkret betrifft das zunächst die Verbreitung von Presseinhalten im Netz durch "Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren", wie die Koalition in einem am vergangenen Woche verfassten Beschlusspapier umschreibt. Demnach sollen jene Online-Anbieter, die derartige Inhalte sammeln und verlinken, zur Leistung von Zahlungen an die Verlage verpflichtet werden – eine Forderung, die deutsche Presseverlage seit Jahren erheben. Wieder geht es dabei in erster Linie um Google, das mit seinem Dienst Google News genau dieses auf Medieninhalten basierende, kostenlose Services anbietet.
Während sich zahlreiche Verlage nach dem Koalitionsbeschluss in ihrer Forderung bestätigt sehen, wird im Internet Protest gegen dieses Vorhaben laut. So schreibt der Blog iRights.Info von einem "schwarzen Tag für das Urheberrecht", andernorts wird über ein "bedingungsloses Grundeinkommen für Verlage" gescherzt.
Bei Google riefen die Pläne der Regierung deutlich weniger Amusement hervor. "Ich befürchte, dass so eine Regulierung die Entwicklung des Internets bremsen könnte, weil sie zu zusätzlichen Kosten und Reibungsverlusten führt", gab Google-Verwaltungsratsvorsitzender Eric Schmidt zu bedenken. Eine Bremsung, die vielleicht aber sogar im Interesse vieler beteiligten Akteure sein könnte.