Zum Hauptinhalt springen

Google, hupf!

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Google droht eine EU-Kartellstrafe in der Höhe von bis zu sechs Milliarden Euro wegen unfairer Geschäftspraktiken. Microsoft hat schon zweimal eine EU-Strafe ausgefasst, insgesamt knapp mehr als eine Milliarde Euro. Auch dabei ging es um das schamlose Ausnutzen der Marktmacht.

Gut so, mag man einwenden. Endlich zeigt Europa, dass es sich nicht alles gefallen lässt von global agierenden Konzernen, denen Profite lieber sind als die Gleichbehandlung im Netz.

Die Strafen sind schon in Ordnung, das Versagen Europas beginnt aber viel früher. Die digitalen Großkonzerne kommen aus den USA, ihre Nachfolger aus China und Südkorea.

Es gibt keine europäischen Konzerne wie Apple, Microsoft, Google, Samsung. Ein industriepolitisches Versagen der Sonderklasse. Dass sich Europa auch noch die mobile Technologie wegnehmen hat lassen, obwohl Ericsson und Nokia hier lange führend waren, ist sozusagen das Tüpfelchen auf dem i.

Ohne Microsoft und Apple würde in Europa kein Computer funktionieren, ohne Google und Facebook wären die Online-Zugriffszahlen europäischer Verlags- und Handelshäuser deutlich niedriger.

Google soll nun hupfen und die Reihung in der Suchmaschine nicht mehr nach kommerziellen Kriterien vornehmen. Das Google gehörende Android-System soll nicht zu stark werden in Europa. Die EU-Geldstrafe soll das bewirken.

Es wird nichts dergleichen passieren. Google wird zahlen, im schlimmsten Fall ist die Strafe so hoch wie ein Quartalsgewinn des Unternehmens. Schon Microsoft bezahlte die Strafe locker.

Doch was kommt danach? Europa wird seine technologische Abhängigkeit von Amerika und Asien trotzdem beibehalten.

Dass sich nun Rest-Nokia und Alcatel zusammenschließen, ist ein Pflänzchen - doch es muss von der EU auch gegossen werden. Nur mit technologischen Schwergewichten lässt sich eine Szene aufbauen wie im Silicon Valley. Es sind die US-Multis, die dort kleine Start-ups mit Geld versorgen und einfach machen lassen. Es wird schon etwas herauskommen dabei, lautet deren Tenor. Und es kommt etwas heraus dabei. Die digitale Kluft wird dadurch noch größer.

Die EU sollte daher schleunigst trachten, in Europa ebenfalls solche Bedingungen zu schaffen. Denn ein erheblicher Teil der Erfinder im Silicon Valley stammt eigentlich aus Europa . . .