Auch der Dienstag stand innenpolitisch noch ganz unter dem Eindruck der Rochade im freiheitlichen Regierungsteam vom Vortag: Während die Regierungsspitze den scheidenden Sozialminister Herbert Haupt noch einmal mit Dank bedachte und von einer Trübung des Koalitionsklimas nichts wissen wollte, ortete die Opposition den Wechsel als Beleg für die Instabilität der Regierung. Mit dieser Rochade soll es sein Bewenden haben, erklärte Vizekanzler Hubert Gorbach: Aus Sicht der FPÖ sei jedenfalls kein weiterer Wechsel mehr geplant.
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Zu Beginn des gestrigen Pressefoyers nach dem Ministerrat wurden noch einmal ausgiebig die Verdienste Haupts gewürdigt. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bekräftigte einmal mehr seine Einschätzung des scheidenden Sozialministers als "großen Sozialpolitiker der 2. Republik", zu dessen Leistungen etwa die Pensions-Harmonisierung, die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten, die Einführung des Kindergeldes oder die heuer erfolgte Valorisierung des Pflegegeldes zähle.
Von einem "krisenfesten Politiker" und "Fels in der Brandung" sprach anschließend Gorbach in seiner Würdigung für den gesundheitlich angeschlagenen Haupt, für den es nun darum gehe, "sein eigenes Herz zu schonen".
Mit der heute stattfindenden Übergabe des Sozialministeriums an FPÖ-Chefin Ursula Haubner und der Beförderung von FPÖ-Sozialsprecher Sigisbert Dolinschek zum Staatssekretär ist für Gorbach jedenfalls genug der Personalrochaden: "Weitere Umbildungen sind nicht angedacht" - und das gelte auch für das Vizekanzleramt, erklärte der Amtsinhaber auf entsprechende Journalistenfragen und verwies diesbezüglich auf entsprechende Aussagen Haubners, welche die derzeitige Ämterteilung für gut und sinnvoll bezeichnet habe. Wer die FPÖ in die kommende Nationalratswahl führt, ist demnach weiter offen.
Nach dem Motto "nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird" wollten Gorbach und Schüssel auch die Aussagen von Kärntens LH Jörg Haider verstanden wissen. Der ehemalige FPÖ-Chef hatte noch am Wochenende einen härteren Kurs gegenüber dem Koalitionspartner eingefordert und dies mit dem Satz garniert, die Freiheitlichen dürften "nicht die Sherpas der ÖVP" sein. Damit konfrontiert erklärte der Bundeskanzler kurz: "Wir arbeiten gut zusammen." Auch Gorbach sah keinen Anlass für einen Vergleich mit einem nepalesischen Lastenträger, denn "wenn ich etwas trage, dann ist es die Verantwortung für mein Ministerium und das Vizekanzleramt". Dies bedeute jedoch nicht, dass aus Sicht der FPÖ" in Sachen Regierungsarbeit nicht einiges zu verbessern sei.
Ganz so rasch wollte die Opposition jedoch nicht den Personalwechsel in der Regierung abgehakt wissen. Die SPÖ interpretierte die Regierungsumbildung als Zeichen der Instabilität. Von der ursprünglichen schwarz-blauen Mannschaft seien nur mehr vier Mitglieder übrig, meinte Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos. "Stabilität in einer Regierung sieht aber anders aus."
Ein Führungsproblem will auch die stellvertretende Parteichefin der Grünen, Eva Glawischnig, erkennen - und zwar nicht nur bei der FPÖ, sondern auch bei der ÖVP, und hier vor allem beim Bundeskanzler: Immerhin sei es bereits der 13. Wechsel in der Regierung, seit diese von Schüssel geführt wird, erklärte Glawischnig. Für Haupt gab es auch zum Abschied Kritik. Der Sozialminister sei seit einigen Monaten nur durch Untätigkeit und eine "eigene politische Kultur", nicht aber durch Sozialpolitik aufgefallen, so Glawischnig.
Haupts Zukunft offen
Noch nicht entschieden hat sich Haupt, ob er sich gänzlich aus der Politik zurückziehen oder ein Mandat im Nationalrat annehmen solle, falls dies sein Gesundheitszustand erlaube. Für diese Entscheidung habe er noch eine Woche Zeit, erklärte Haupt.