Der Druck der Wirtschaft auf die Regierung war sehr groß, beim ÖBB-Streik einzulenken um ihm ein Ende zu bereiten. Dies bestätigte Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach gestern in der "Pressestunde". Dass die Regierung diesen durch vorzeitiges Nachgeben und eine weniger harte Linie hätte vermeiden können, glaubt er nicht. Obwohl er zugibt, im Zuge der Eskalation einiges dazugelernt zu haben.
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Beendet wurde der Streik durch eine Einigung zwischen Regierung und Gewerkschaft. Diese sieht nun vor, dass die Regierung die ÖBB-Struktur wie gewollt per Gesetz Anfang Dezember beschließt, dass aber andererseits ins Dienstrecht nun nicht per Gesetz eingegriffen werde. Vorstand und Gewerkschaft haben die Auflage, sich bis Ende April über einen Kollektivvertrag und neue Arbeitsbedingungen zu einigen. Kommt beides nicht in der von der Regierung gewünschten Art zustande, wird das Dienstrecht doch noch gesetzlich geregelt. Diese Woche gibt es einen Antrag, der das Dienstrecht aus der ÖBB-Reform ausklammert.
Nachdem der Arbeitskampf beendet ist, streichelt Gorbach seine Gegner. Mit besonders viel Lob wird ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch bedacht. "Ich habe ihn ganz anders eingeschätzt," lautet Gorbachs Bekenntnis. Aber als er gesehen habe, "wie leidenschaftlich sich der ÖGB-Chef einbringt, war das schön". Auch seinem eigentlichen Widerpart, den Eisenbahner-Gewerkschaftsvorsitzenden Wilhelm Haberzettl, lobt der Minister und attestiert ihm "Handschlagqualität".
Doch nach den Streicheleinheiten gibt es unmissverständliche Anweisungen für die künftigen Verhandlungspartner. "Änderungen im Dienstrecht wird es geben." In seinem Auftrag an den ÖBB-Vorstand wird Gorbach sogar noch deutlicher: "Fuz und Tuz müssen weg." Damit sind Turnusurlaubs- oder Feiertagsurlaubszuschlag gemeint. Er lässt durchblicken, dass dies mit Haberzettl hinter verschlossenen Türen schon so gut wie ausgemacht worden sei. "Haberzettl hat im kleinen Kreis zugegeben, dass manches nicht mehr zeitgerecht ist." Auch bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Kündigungsschutz und Pensionsantritt erwartet sich der Minister eine Annäherung an die Privatwirtschaft. Es sei nicht tragbar, dass jene, die sich auf Kosten der "Fleissigen ein schönes Leben machen" unbehelligt blieben. "Bei der Unkündbarkeit muss etwas gemacht werden. Das ist auch Haberzettl bewußt." Wesentliche Änderungen erwartet sich die Regierung auch bei den Biennalsprüngen. Diese würden von 16 auf sechs bis acht reduziert. Alles in allem müsse Gerechtigkeit hergestellt werden.
Nach wie vor hält Gorbach daran fest, dass bis 2010 die ÖBB-Reform helfen soll, eine Mrd. Euro an Zuschüssen einzusparen. Die neuen Vorstände in den fünf Aktiengesellschaften (AG) seien dann gefordert, zusätzliche Umsätze zu erwirtschaften. Die Eigenverantwortlichkeit der verschiedenen Bereiche müsse gestärkt werden und die AGs sind laut Gorbach der Garant dafür. "Das Ziel: Wir wollen wachsen." Möglich werde dies durch einen verstärkten Ausbau der Infrastruktur. Der Bund sorge mit seiner Haftung, dass neue Kredite günstig zu bekommen sind. Über Generaldirektor Rüdiger vorm Walde wollte sich der Vizekanzler in der Öffentlichkeit nicht äußern. "Er weiß, was ich von ihm halte", meinte er ein wenig kryptisch. Beschwichtigend fügte er hinzu, er werde dem ÖBB-Führungsteam in den neuen ÖBB "eine Chance" geben, da alle noch über bestehende Verträge verfügen. Er werde allerdings mehr als seine Vorgänger darauf achten, wie die Umsetzung der Reform funktioniert.
"Unser Rollenspiel war perfekt." Gorbach zeigt sich zufrieden wie er und sein Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka den Streikauslöser, die ÖBB-Reform, kommuniziert und zu guter Letzt auch durchgebracht haben. Durch weniger harte Fronten und das Vermeiden von Angriffen seitens der Regierung, wäre der Kompromiss auch nicht eher zustande gekommen. Kukacka war die Aufgabe des Scharfmachers zugedacht, Gorbach selbst sieht sich als Mediator. "Ich konnte dann am Schluss etwas nachgeben."