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Gorbach will kein Musterknabe sein

Von Walter Hämmerle

Europaarchiv

Österreich wird die gegen seinen Widerstand von der EU beschlossene Transit-Verordnung zur Gänze nicht umsetzen. Das erklärte Infrastrukturminister Vizekanzler Hubert Gorbach am Montag in Wien. Um künftig die Transitfahrten zu begrenzen, setzt er auf einen "Kontroll-Masterplan". Relativ unverhohlen stellt Gorbach dem ÖBB-Management bei der Umsetzung der ÖBB-Reform die Rute ins Fenster.


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Gorbach hat den Beschluss zur Nicht-Umsetzung der Transit-Verordnung bereits der EU-Kommission schriftlich mitgeteilt. Seiner Ansicht nach wäre selbst eine teilweise Umsetzung weder organisatorisch möglich noch wirtschaftlich sinnvoll. Es sei nicht zielführend, wenn Österreich überall Musterschüler sei, erklärte Gorbach anlässlich seiner Jahresbilanz-Pressekonferenz.

Ein so genannter "Kontroll-Masterplan" soll - im Verein mit der ab 2004 in Kraft tretenden LKW-Maut - nun dafür sorgen, dass Österreich mit dem Auslaufen des Transit-Vertrages nicht noch mehr als ohnedies schon im LKW-Verkehr versinkt. Ein erster "Probegalopp" für diese verstärkten Kontrollen, von denen auch die heimischen Frächter nicht verschont werden, soll zwischen 7. und 10. Jänner stattfinden. Fürs erste ist an eine Aufstockung des entsprechenden Kontrollpersonals um 30 Personen gedacht, doch werde eine rigorose Umsetzung der Maßnahmen "weder am Willen noch am Geld" scheitern, so Gorbach. Als "Gebot des Hausverstands" bezeichnete es der Minister, von EU-Seite her LKW der Kategorie Euro-0, umgangssprachlich auch als "Stinker" bezeichnet, zu verbieten. Aber auch eine rasche Modernisierung der heimischen LKW-Flotte sei unumgänglich.

Was die EU-Wegekostenrichtlinie betrifft, die ab 2005 gelten soll, so hofft Gorbach auf eine Anhebung der Straßenmautsätze auf Grund der Umweltfolgekosten. Außerdem soll in sensiblen Zonen ein bis zu 50%-iger Mautzuschlag zur Finanzierung des Schienenausbaus eingehoben und auch LKW-Ausweichrouten mit Maut belegt werden können.

Unverblümt teilte Gorbach auch dem ÖBB-Management mit, was er sich 2004 von diesem erwartet. Die Verhandlungen mit der Gewerkschaft über ein neues Eisenbahner-Dienstrecht müssten die vorgesehenen Einsparungen von 100 Mill. Euro bringen. Falls nicht, werde das Parlament tätig werden. Für diesen Fall droht der ÖGB mit neuerlichen Streiks. Was die Umsetzung der ÖBB-Reform betrifft, so sei diese eine "Überlebensreform", die "begeisterte und hochmotivierte Mitarbeiter im Management" brauche. Wenn jemand hier nicht mit könne, dann "sagen wir eben Adieu."

Generell zeigte sich Gorbach mit dem zu Ende gehenden Jahr recht zufrieden: Dieses habe Rekordinvestitionen in Straße, Schiene, Forschung und Sicherheit gebracht - ein Kurs, den der Minister auch 2004 fortsetzen will.