Ante Gotovina auf Teneriffa gefasst. | Anklage vor UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. | Sanader könnte innenpolitisch unter Druck kommen. | Santa Cruz/Belgrad/Zagreb. Das Abendessen konnte er nicht mehr zu Ende bringen. Als der ehemalige kroatische General Ante Gotovina in einem Hotel in Playa de las Americas auf Teneriffa speiste, erhielt er unerwünschten Besuch. Seit Tagen war ihm die spanische Polizei auf den Fersen, am Mittwochabend verhaftete sie ihn.
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Dass sich Carla del Ponte, die Chefanklägerin des in Den Haag angesiedelten UN-Kriegsverbrechertribunals gerade in Belgrad aufhielt, war Zufall. Doch die Verkündigung von Gotovinas Verhaftung ist nicht nur in Kroatien sondern auch in Serbien-Montenegro von höchster politischer Bedeutung. Die volle Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal ist für beide Länder Bedingung für einen möglichen EU-Beitritt.
"Ich habe Ihnen eine sehr gute Nachricht zu verkünden", erklärte del Ponte bei einer Pressekonferenz: "Ante Gotovina ist verhaftet." Die Chefanklägerin drückte ihre Hoffnung aus, dass nun auch andere Flüchtige festgenommen werden. Gotovina werden Kriegsverbrechen an der serbischen Minderheit im Jahr 1995 zur Last gelegt.
Gespräche verschoben
Die ausstehende Festnahme des Ex-Generals war zum größten Stolperstein für Kroatien auf dem Weg in die Europäische Union geworden. Im März hatten die EU-Staats- und Regierungschefs den Start von Beitrittsverhandlungen mit dem Land verschoben.
"Trotz aller öffentlichen und privaten Versicherungen aus Zagreb bleibt Ante Gotovina in Reichweite der kroatischen Behörden, und solange er nicht nach Den Haag überstellt wird, kann man nicht sagen, dass Kroatien voll mit dem Internationalen Tribunal kooperiert", befand Carla del Ponte damals. Erst Anfang Oktober änderte sie ihre Meinung, und die Beitrittsgespräche mit Zagreb konnten beginnen. Die Zusammenarbeit mit Den Haag fordert die EU aber weiter ein.
Die kroatische Regierung - die immer bestritten hatte, dass sie Zugriff auf Gotovina habe - zeigte sich nach der Verhaftung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers zufrieden. Premier Ivo Sanader sieht die Glaubwürdigkeit der Institutionen seines Landes bestätigt.
"Schwerer Tag"
Doch die innenpolitischen Probleme könnten für ihn erst beginnen. Denn viele Kroaten betrachten Gotovina nicht als Verbrecher sondern als Held. Dass von dessen Verhaftung die Beitrittsverhandlungen abhängig gemacht wurden, ließ die EU-Skepsis wachsen. Und darauf nehmen auch rechtsgerichtete Parteien Bezug. Die Festnahme bedeutete einen "schweren Tag für Kroatien, für alle kroatischen Verteidiger, für all jene, die General Gotovina lieben und ehren", zitiert die Austria Presseagentur den Vorsitzenden der rechtsextremen Kroatischen Partei des Rechts, Anto Dapic.
Noch ist der ehemalige General in Spanien. Zunächst werde er laut Justizbehörden dem Nationalen Gerichtshof in Madrid vorgeführt. Danach werde er nach Den Haag geflogen. Die nächsten paar Mahlzeiten wird Ante Gotovina aber wohl noch in spanischer Haft zu sich nehmen.