)
Der wegen Kriegsverbrechen gesuchte kroatische Ex-General Ante Gotovina ist auf den Kanarischen Inseln festgenommen worden. Das teile die Chefanklägerin des UNO-Tribunals in Den Haag, Carla Del Ponte, am Donnerstag in Belgrad mit. Sie dankte den kroatischen und spanischen Behörden für die Zusammenarbeit und kündigte an, dass Gotovina umgehend an das Tribunal in den Niederlanden ausgeliefert werden soll. Die Festnahme wurde auch vom kroatischen Regierungschef Ivo Sanader bestätigt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Ante Gotovina wurde diese Nacht in Spanien auf den Kanarischen Inseln festgenommen und ist jetzt endlich im Gefängnis", sagte Del Ponte. Sie drückte ihre Hoffnung aus, dass nun auch andere flüchtige Angeklagte festgenommen werden können. Mit der Festnahme Gotovinas bleiben noch fünf Haager Angeklagte, alles Serben, in Freiheit. Die Prominentesten unter ihnen sind der frühere bosnisch-serbische Präsident Radovan Karadzic und der bosnische Serbengeneral Ratko Mladic.
Das UNO-Tribunal sei Gotovina seit September auf der Spur gewesen, sagte Del Ponte. Sie hatte Anfang Oktober mit ihrer Erklärung, die kroatischen Behörden würden voll mit dem UNO-Tribunal zusammenarbeiten, für großes Aufsehen gesorgt, da Gotovina zu diesem Zeitpunkt noch auf freiem Fuß war. Das Attest von Del Ponte war Grundlage für die Entscheidung der EU, mit Kroatien Beitrittsverhandlungen zu beginnen.
Gotovinas Anwalt Marijan Pedisic konnte die Festnahme seines Mandanten zunächst nicht bestätigen. Die Angaben von Del Ponte seien aber als "verlässlich" anzusehen. "Ich erwarte, dass er sehr bald überstellt wird, weil man ihn im Ausland festgenommen hat."
Vorwurf der Kriegsverbrechen
Der im Jahr 2001 vom UNO-Tribunal angeklagte Gotovina war seit Jahren auf der Flucht. Ihm werden Verbrechen gegen serbische Zivilisten im kroatischen Unabhängigkeitskrieg zur Last gelegt. Die kroatischen Behörden hatten immer wieder Berichte, denen nach er sich in Kroatien verstecken würde, dementiert. Die EU hatte trotzdem den für März 2005 geplanten Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Kroatien verschoben, weil Del Ponte dem Land mangelnde Kooperation bei der Suche nach Gotovina attestierte.
Gotovina soll laut Anklage für den Tod von 150 Serben und die Vertreibung weiterer 150.000 Menschen während der kroatischen Offensive 1995 in der Krajina verantwortlich sein. Zu den im Februar 2004 vom Haager Tribunal veröffentlichten Anklagepunkten zählen Verfolgung aus politischen, ethnischen und religiösen Motiven, Mord, Vertreibung, Plünderung und Verletzung des Kriegsrechts.
Erleichterung in Österreich...
Auch in Österreich gab es auf die Nachricht durchwegs positive Reaktionen. Das Außenministerium hat die Festnahme des kroatischen Generals Ante Gotovina begrüßt. "Wir begrüßen es selbstverständlich, dass der Kriegsverbrecher Gotovina gefasst ist", sagte der stellvertretende Sprecher des Ministeriums, Georg Schnetzer, am Donnerstag telefonisch gegenüber der APA. Der SPÖ-Europaabgeordnete und Kroatien-Berichterstatter Hannes Swoboda meinte: "Nun ist auch der Weg frei, für intensivere Verhandlungen mit Kroatien."
"Es ist sehr positiv, dass er endlich gefasst wurde und endlich vor Gericht gestellt werden kann", kommentierte die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek.
...Druck auf Serbien
EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn sprach in einer Aussendung von einer "sehr guten Nachricht". Er rief die Behörden in Serbien-Montenegro und Bosnien-Herzegowina auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, "damit die fehlenden Angeklagten, einschließlich Ratko Mladic und Radovan Karadzic, nach Den Haag gebracht werden können".
2
Biographie
Gotovina war Mitglied der französischen Fremdenlegion und trat 1990 in die kroatische Armee ein. Er wurde 1992 zum Brigadegeneral und 1994 zum Generalmajor ernannt. Als Befehlshaber befehligte er zwischen 1992 und 1996 den Militärdistrikt Split, der auch einen Teil der Gemeinden Benkovac, Drni, Grac(ac, Knin, ibenik und Zadar umfasst.
Er war verantwortlich für die Militäroperation Oluja (Operation Gewittersturm) zur Rückeroberung der von den Serben selbsternannten Republik Serbische Krajina und die Beendigung der serbischen Belagerung der UN-Schutzzone Bihac'.
Nach der erfolgreichen Durchführung dieser Aktion wurde er durch den damaligen Präsidenten Franjo Tucman zum Generaloberst befördert. In dieser Zeit übte Gotovina die vollständige Kontrolle über sämtliche kroatische Einheiten aus. Am 29. September 2000 wurde er vom neugewählten kroatischen Präsidenten, dem Exkommunisten Stjepan Mesic', abgesetzt und aus dem aktiven Dienst entlassen.
WZ ArtikelDel Ponte: Erwarten Gotovina bald in Den Haag (20.5.2005)
Links
Anklageschrift (englisch)Trial Watch
(apa / reuters)