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Gott schütze sie (fast) alle

Von Rainer Mayerhofer

Politik

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"Möge Gott Amerika weiter segnen" meinte der amerikanische Präsident George W. Bush am Ende seiner TV-Ansprache, in der er den Beginn des Krieges um Afghanistan bekannt gab.

Auch sein Widersacher, Osama bin Laden, bemühte Gott in seinem TV-Auftritt: "Amerika zittert und Gott sei Dank." Er hatte es offensichtlich nötig, seinen Gott während seiner Philippika gegen die "Ungläubigen" noch einige weitere Male zu zitieren.

Bin Ladens Auftritt und die Tatsache, dass Afghanistans nomineller Staatschef, Mullah Omar, weiterhin untergetaucht bleibt, haben einmal mehr klar gemacht, wer in Kabul die Fäden zieht, nämlich der Millionär saudiarabischer Herkunft, der schon in der Zeit der russischen Okkupation des Landes die Afghanen mit allen nötigen Waffen versorgt hat - pikanterweise damals noch mit Hilfe der Amerikaner, denen jeder Bundesgenosse lieb und wert war, wenn es nur gegen den Erbfeind in Moskau ging.

Den Amerikanern bieten sich auch jetzt wieder die seltsamsten Verbündeten an, unter ihnen die gegen die Taliban kämpfenden Vertreter der Nordallianz, die noch vor wenigen Wochen auf verlorenem Posten schienen. Marina Malin, Sprecherin der afghanischen Frauenuntergrundgruppe RAWA (Revolutionäre Vereinigung der afghanischen Frauen) hat in einem am Sonntag in der italienischen Zeitung "la Repubblica" veröffentlichten Interview diese Gruppe mit den Taliban verglichen. Die Frauen Afghanistans erwarten sich auch von der Nordallianz nichts, sagte die 21-Jährige, die seit fünf Jahren im Untergrund für die Sache der afghanischen Frauen kämpft. "Sie sind Kriminelle, Terroristen, Integralisten und Feinde der Frauen wie die Taliban". Und sie warnte ausdrücklich vor einem Krieg, von dem nichts Gutes kommen könne. "Bomben säen den Tod, dezimieren die Zivilbevölkerung und es gibt nichts mehr zu zerstören in Afghanistan nach jahrzehntelangem Krieg", sagte die Frau, deren Gruppe nie Hilfsmittel von außen bekommen hat. Es ist vor allem die Zivilbevölkerung Afghanistans, die heute den Schutz Gottes besonders nötig hätte und hier vor allem die Frauen, denen seit Jahren die elementarsten Rechte verweigert werden.